Anfang der 1960er Jahre dirigierte Lorin Maazel zum ersten Mal Opernproduktionen an der Wiener Staatsoper. Aus der Zusammenarbeit mit den Wiener Philharmonikern sollte daraufhin eine Jahrzehnte andauernde künstlerische Verbindung entstehen, aus der auch eine Fülle exzellenter Aufnahmen hervorgegangen ist. Unter anderem hat Lorin Maazel mit den Wiener Musikern alle sieben Sinfonien von Jean Sibelius eingespielt. Zum 150. Geburtstag des finnischen Komponisten wurden die Originalaufnahmen der 1960er Jahre jüngst in den Londoner Abbey Road Studios remastered und präsentieren die Musik in einer stilvollen Deluxe-Edition mit vier CDs und einer Blu-Ray Audio Disc in 24-bit/96kHz-Auflösung.
In seinen Kompositionen bringt Jean Sibelius immense Klangphantasie und Naturverbundenheit zum Ausdruck. Verknüpft mit einem starken Nationalbewusstsein und der Inspiration durch Themen aus der finnischen Mythologie malt Sibelius musikalisch ein Porträt Finnlands in die Partitur seiner Kompositionen und kreiert eine ganz eigene musikalische Sprache, die viele Schattierungen hat. Überraschende Wendungen erinnern an raue Wellen, die sich am Felsen brechen, harmonische Kontraste wirken wie musikalische Wetterumschwünge und die ungeschliffene Schroffheit und eigenwillige Rhythmik steht in einem reizvollen Kontrast zum melodischen Pathos.
Die ersten drei Sinfonien von Jean Sibelius sind stark von spätromantischen Einflüssen und finnischer Volksmusik geprägt und präsentieren eine vielfarbige orchestrale Klangwelt, die sich durch einen hohen Wiedererkennungswert auszeichnet. Die erste Sinfonie in e-Moll op. 39 gewinnt mit dem originellen Einsatz einer einsamen Soloklarinette bereits in den ersten Takten die atemlose Aufmerksamkeit des Publikums. Die zweite und dritte Sinfonie bezaubern durch abwechslungsreiche Klangfarben, herben Charme und eine Fülle kleinteiliger Motive, die sich immer wieder verändern und verwandeln. Während es von den ersten drei Sinfonien auch eine Einspielung der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Leonard Bernstein gibt, ist die Aufnahme der vierten Sinfonie mit Lorin Maazel die einzige Interpretation des renommierten Wiener Orchesters, die existiert.
In seinen Sinfonien lotet Jean Sibelius kompositorisch unter anderem das Spannungsfeld zwischen düsterem Pessimismus und lyrischer Leichtigkeit aus. Sie sind der Kern seines musikalischen Schaffens und verraten ganz nebenbei viele kleine Details über Sibelius als Mensch und Komponist: Seine fünfte Sinfonie entstand im Auftrag der Regierung zum 50. Geburtstag von Finnland. Über die sechste Sinfonie sagte Sibelius selbst, dass sie ihn “an den Duft des ersten Schnees erinnere” und die siebte Sinfonie schlägt als einsätziges Werk eine Brücke zu seinen zahlreichen sinfonischen Dichtungen. Wer sich mit den Sinfonien auseinander setzt, wird automatisch einen umfassenden Eindruck von Sibelius bekommen.
Seine folkloristisch anmutende frühe “Karelia-Suite”, op.11 von 1893 und und seine letzte sinfonische Dichtung “Tapiola”, op. 112 aus dem Jahr 1926 runden die sinfonische CD-Box ab und ergänzen das facettenreiche musikalische Porträt des finnischen Komponisten.