Es war ein kurzes und intensives Leben. Als Fritz Wunderlich im Jahre 1966 jäh aus dem Leben gerissen wurde, da lagen 11 triumphale Jahre als Meistertenor hinter ihm.
Er stand kurz vor seinem Debüt an der Met. Eine gewisse Nervosität hatte von ihm Besitz ergriffen, und er zog sich, um Kraft zu tanken, ein paar Tage in die Natur zurück. In einem Jagdhaus von Freunden fand er Zuflucht und entspannte sich prächtig, als in der Nacht das Unfassbare geschah. Wunderlich stolperte über seine Schnürsenkel, stürzte eine steile Treppe hinab und prallte mit Wucht auf dem Hinterkopf auf. Als er in der Universitätsklinik Heidelberg eintrifft, lebt er noch. Aber die Ärzte können ihn nicht retten.
Am 17. September 1966 verstirbt Fritz Wunderlich und damit einer der größten, für viele sogar der größte Tenor des 20. Jahrhunderts. Einziger Trost: Fritz Wunderlich hat die Jahre zuvor unermüdlich gearbeitet. Er lässt kaum Zeit verstreichen, die nicht mit Musik gefüllt ist. Mit voller Konzentration übt er unentwegt, ist mit rastloser Leidenschaft auf den Opernbühnen unterwegs und holt im Aufnahmestudio alles aus sich heraus. In kürzester Zeit entsteht eine beeindruckende Diskographie.
Und wann, wenn nicht jetzt, am 50. Todestag seines tragischen Dahinscheidens, wäre der richtige Zeitpunkt, diesen Schatz gebündelt der Öffentlichkeit zu übergeben und den großen Fritz Wunderlich auf diese Weise ins Gedächtnis zurückzurufen? Deutsche Grammophon hat sich diesem Ziel verschrieben und legt jetzt mit “Fritz Wunderlich – Sämtliche Studioaufnahmen für Deutsche Grammophon” eine limitierte Edition des Jahrhundertsängers vor, die Maßstäbe setzt.
Die Ausgabe umfasst 32 Tonträger und enthält sämtliche Studioaufnahmen, die Fritz Wunderlich im Dienste der Deutsche Grammophon getätigt hat. Hinzu kommen Aufnahmen bei Decca, Philips und Polydor. Das musikalische Spektrum ist enorm: Es beginnt mit geistlicher Musik (CDs 1–12), geht weiter mit Opernrepertoire (CDs 13–25), gefolgt von romantischen Kunstliedern (CDs 26–27) und populärem Material (CDs 28–32).
Fritz Wunderlich hat alle Genres, die ihm zu Gebote standen, mit gleicher Hingabe betrieben. Er verlieh Schlagern wie “Sonne über Capri” oder “Bella Maria” eine eigene musikalische Würde und verkörperte die Freude, die sich darin ausdrückte, mit herzerfrischender Unbefangenheit. Geistliche Musik sang er mit ergreifender Andacht, wofür unter anderem seine zahlreichen Bach-Aufnahmen stehen.
Unvergessen: seine inbrünstige Interpretation romantischer Kunstlieder von Schubert und Schumann, am Klavier begleitet von seinem Mentor Hubert Giesen. In der Oper hat er sich früh schon als Mozart-Sänger einen Namen gemacht. Warum, das wird der Hörer sofort spüren, wenn er ihn zum Beispiel in der Rolle des Tamino sehnsuchtsvoll “Dies Bildnis ist bezaubernd schön” singen hört.
Die neue Ausgabe versammelt den ganzen Schatz seiner großartigen, bis heute gültigen und überaus modern anmutenden Gesangskunst. Darüber hinaus darf man sich auf ein glänzendes Portrait des charismatischen Sängers im beigefügten Booklet freuen. Thomas Voigt steuert mit seinem Essay “Herz, Gefühl und Können” eine gelungene Hommage bei, und die zahlreichen Fotos im Studio, auf der Bühne und in privaten Zusammenhängen vermitteln einen lebhaften Eindruck von einer ebenso schillernden wie sympathischen Künstlerpersönlichkeit.