André Previn ist eine erstaunliche Künstlerpersönlichkeit. Jazzfans dürfte er ein Begriff sein, weil er in den fünfziger Jahren mit seinem Trio und unter anderem dem wunderbaren Shelly Manne am Schlagzeug einige der Perlen des lässigen West Coast Sound aufgenommen hat, allen voran die noch immer ungeschlagen cool swingende Version von „My Fair Lady“. Dann wandte der in Berlin geborene, ins amerikanische Exil geflüchtete Pianist sich auf der einen Seite poppigen Klängen zu, begleitete etwa Judy Garland bei Weihnachtsliedern und schrieb Filmmusiken. Wenig später übernahm er 1967 die Leitung des Houston Symphony Orchestra und begann, sich schrittweise in die Sphäre der Dirigentenzunft empor zu arbeiten. Auf da hatte er Erfolg, war bald darauf mit dem London Symphony Orchestra zu hören und wurde als Chef zunächst des Pittsburgh Symphony Orchestra verpflichtet. Er leitete außerdem das Royal Philharmonic Orchestra und schließlich das Los Angeles Philharmonic.
Aber auch das lastete André Previn nicht aus. Er schrieb Theatermusiken, ein Musical, weiterhin verschiedene Soundtracks und mehr und mehr auch klassische Werke, vom Cellokonzert bis zum Klavierkonzert. Mitte der neunziger Jahre schließlich folgte die erste Oper „A Streetcar Named Desire“ nach einem Stoff von Tennessee Williams, den Philip Littell in ein Libretto umgearbeitet hatte. Es wundert bei dieser Vorgeschichte kaum, dass auch dieses Werk international auf viel Resonanz stieß und sich schnell in den Spielplänen von Tokio bis Turin und Los Angeles bis London wieder fand. Ein gutes Jahrzehnt ließ sich André Previn daraufhin Zeit, um noch einmal sich der Königsklasse des Komponierens zuzuwenden. Am 1. Mai 2009 hatte seine zweite Oper „Brief Encounter“ in Houston,Texas, Premiere.
Die brillante Aufführung mit Elisabeth Futral und Nathan Gunn in den Hauptrollen zweier in ihren Ehen unausgelasteter Mittdreißiger und deren Vorstadtromanze orientierte sich an dem gleichnamigen Film von David Lean aus dem Jahr 1945, der wiederum auf der Vorlage „Still Life“ von Noel Coward basierte. Die Premiere wurde von Publikum und Kritik enthusiastisch aufgenommen, das Wall Street Journal schrieb gar von einer „neuen Dimension“ von André Previns Schaffen. Am 6. April nun feiert das künstlerische Multitalent seinen 82.Geburtstag. Die Deutsche Grammophon veröffentlich auch aus diesem Anlass die Aufnahme der umjubelten Uraufführung von „Brief Encounter“, ein würdiges Geburtstagsgeschenk für André Previn und ein Grund zum Freuen für alle, die an pointierter musikalischer Bühnenkunst der Gegenwart ihre Freude haben.