Nun ist das Wall Street Journal eher für klare und nüchterne Information bekannt als für schwärmende Euphorie. Gelegentlich und mit gutem Grund allerdings machen die Herren Wirtschaftsspezialisten auch mal eine Ausnahme, wenn es denn gilt, etwas wirklich Besonderes zu loben. “De Niese ist ein Naturtalent auf der Bühne, mit einem aufregend strahlenden und flexiblen Sopran, den sie für jeden gewünschten Effekt einsetzten kann”, konnte man lesen, nachdem der Rezensent Danielle de Niese auf der Bühne hatte erleben dürfen. Und damit reiht er sich ein in die Riege der Auguren (“Es lässt sich nicht leugnen; de Niese ist ein Star”, The Times), die der jungen australisch-amerikanischen Sopranistin eine strahlende Zukunft voraussagen. Der nächste Schritt an die Spitze steht bereits an: Danielle de Niese präsentiert sich klassikweltweit mit “Händel Arien”, ihr Debüt unter dem Dach der Decca.
Wäre es nach dem Tanzlehrer gegangen, hätte Danielle de Niese das Singen sein gelassen. Aber sie konnte es nicht. Und das ist auch gut so, denn sonst wäre der Musikwelt eine Sopranistin vorenthalten worden, die es kometenhaft geschafft hat, sich an der Spitze der Publikumsgunst zu platzieren. Danielle de Niese ist die Cleopatra, die Rodelina, Ariodante und Semele unserer Tage, mit anderen Worten, die führende Sopranistin des Opernrepertoires von Georg Friedrich Händel, ganz gleich ob an der Met in New York oder in Glyndebourne, ob in Amsterdam oder Paris.
Tatsächlich stand es aber nie wirklich zur Debatte, dass Danielle De Niese etwas anderes machen sollte als singen. Bereits als Kind in ihrer Heimat Australien wurde ihr Talent nach Möglichkeiten gefördert. Mit sechs bekam sie Klavier-, Gesangs- und Tanzunterricht, gewann in Mädchenjahren zahlreiche kleinere Gesangwettbewerbe und wurde zielstrebig von Zuhause unterstützt. “Meine Eltern waren so liebevoll”, erinnert sie sich an diese frühe Zeit, “und sie unterstützten mich überall. Mit ihnen hatte ich am meisten Glück in meinem Leben. Sie erkannten, dass es mit große Freude bereitete, aufzutreten, zu kommunizieren und mit anderen zu teilen. Sie machten es möglich, dass ich meinen Traum verwirklichen konnte und gaben mir jede Möglichkeit, dazu zu lernen und in einem mir gemäßen Tempo zu wachsen”.
Es ging rasant voran. Die Familie zog um nach Los Angeles, Danielle ging in die Colburn School of Performing Arts und wurde im zarten Alter von 13 Jahren als bisher jüngster Teilnehmer zugelassen, der zum Tanglewood-Programm aufgenommen wurde. Zwei Jahre später sang sie bereits ihrer erste Hauptrolle in der Welturaufführung der Oper “Journey to Cordoba” von Lee Holdridge, weitere Stipendien folgten, unter anderem das hauseigene Lindeman Förderprogramm der Metropolitan Opera in New York. So kam es, dass sie an dem renommierten Haus mit 19 ihr Debüt geben konnte, als Barbarina in Mozarts “Le Nozze di Figaro”, auf Augenhöhe mit Stars der Inszenierung wie Renée Fleming, Cecila Bartoli und Bryn Terfel. Eines kam zum anderen, Einladungen nach Europa, nach Paris und Holland, Zürich und Lyon. Mehr und mehr bewährte sich die Newcomerin in Rollen von Georg Friedrich Händel, deren starke Frauenfiguren wie für de Niese geschaffen zu sein scheinen.
Da liegt es nahe, dass sie sich auch bei der Decca mit einem Programm von “Händel Arien” vorstellt, gemeinsam mit William Christie, den Alte-Musik-Spezialisten von Les Arts Florissants und ihren Lieblingspartien: “Ich habe solch einen innigen Bezug zu jedem Stück auf diesem Album. Wenn die CD zwei Seiten hätte, hätte ich so gerne mehr aufgenommen – es gibt so viel Musik, die ich mit meinen Zuhörern teilen möchte!” Nach dem derzeitigen Stand der Dinge wird es in den kommenden Jahren dazu viel Gelegenheit geben. Schließlich ist “Händel Arien” ein Album mit dem Potential eines Weltstars.