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Christoph Willibald Gluck
Christoph Willibald Gluck

Barry Kosky inszeniert "Iphigenie auf Tauris" in Berlin

18.04.2007

Christoph Willibald Glucks Tragödie “Iphigenie auf Tauris” gilt als das vollendetste Werk unter seinen sogenannten Reformopern, mit denen er seine Vorstellung von einer neuen, auf Glaubhaftigkeit und emotionale Wahrhaftigkeit zielende Operndramaturgie jenseits von ablenkenden dekorativen Effekten und der bloßen Ausstellung sängerischer Virtuosität verwirklichte.

Für Barrie Kosky, der mit dieser Neuinszenierung nach Ligetis “Le Grand Macabre” und Mozarts “Hochzeit des Figaro” – beide hoch kontrovers diskutiert – bereits seine dritte Regiearbeit an der Komischen Oper Berlin vorlegt, ist Glucks vielleicht kompromisslosestes Werk keine klassizistische Antike-Wiederbelebung im Sinne von Winckelmanns Diktum von “edler Einfalt und stiller Größe”, sondern vielmehr die Geschichte dreier Menschen, Iphigenie, deren Bruder Orest sowie dessen Freund Pylades, die verzweifelt versuchen, unter inhumanen Umständen ihre Menschlichkeit und individuelle Würde zu bewahren.
 
Glucks Musiksprache ist gerade in diesem Werk von außerordentlicher Vielfalt und Reichtum an Kontrasten. Einerseits ist sie geprägt von einer Vielzahl wilder Schreckensszenen, die von Orests Wahnsinn und Iphigenies Gewissensqualen ausgelöst werden, anderseits stehen diesen elementaren Ausbrüchen unbeherrschter und unbeherrschbarer Leidenschaften Augenblicke berückender Zartheit gegenüber. Diese finden sich vor allem in den Szenen zwischen Orest und Pylades. Glucks “Iphigenie auf Tauris” gilt allgemein als Sonderfall einer Oper ohne Liebesgeschichte. Dies ist aber nur bei oberflächlicher Betrachtung der Fall. Die Zärtlichkeit der Beziehung von Orest und Pylades legt den Gedanken an eine homoerotische Bindung beider Männer nahe, der sich für die Ausgestaltung der Inszenierungskonzeption als fruchtbar erwiesen hat. Es IST Liebe und nicht – ein in diesem Ausmaß nur schwer glaubhaft zu machender – Edelmut, was die beiden Männer bewegt, bis zum letzten Moment zueinanderzustehen und den gemeinsamen Tod einem Überleben allein vorzuziehen.
 
Barry Kosky inszeniert “Iphigenie auf Tauris” also als ein Stück bestürzendes, bewegendes und ergreifendes Musiktheater, welches die ganze Bandbreite menschlicher Empfindungen von abgrundtiefer Verzweiflung bis zum höchsten Glücksgefühl darstellt und dabei tief in die zeitlose Frage eindringt nach dem, was das Wesen des Menschseins eigentlich ausmacht.
 
Die Premiere der Neuinszenierung findet am 22. April 2007 um 19:00 Uhr statt. Weitere Aufführungen in der aktuellen Spielzeit sind am 28. April, am 6. und 22. Mai sowie am 3., 11. und 30. Juni.

Karten erhalten Sie unter karten@komnische-oper-berlin.de oder unter der Tickethotline: (030) 47 99 74 00. Zur Vorbereitung auf das Stück empfehlen wir Ihnen die Aufnahme der ArchivProduktion unter Mark Minkowski.

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