Carlos Kleiber ist und bleibt der ewig Unergründliche. Aber gerade in dieser Eigenschaft, mit seiner seltsam entrückten Aura und magischen Wirkung, die er auf Musiker und Publikum gleichermaßen auszuüben wusste, hat der Dirigent Musikgeschichte geschrieben. Er besaß eine “beängstigende Besonderheit”, so der legendäre Musikkritiker Joachim Kaiser, der den glühenden Stil von Kleibers Interpretationskunst bewunderte. Manchem, wie dem britischen Opernintendanten Sir Peter Jonas, galt er sogar als “genialer Mensch”. In einer Umfrage der BBC aus dem Jahre 2010 wurde er von 100 bedeutenden Dirigenten der Gegenwart zum größten Dirigenten aller Zeiten erklärt.
Doch was machte ihn so groß? Zum einen seine wegweisenden Orchesteraufnahmen, der unvergleichlich strahlende Ton, mit dem er Schlüsselwerke von Beethoven, Brahms, Schubert, Weber, Wagner, Richard Strauss oder auch Johann Strauss II zum Leuchten brachte. Zum anderen sein besagtes Charisma, dessen hypnotische Kraft der Musikwelt bis heute Rätsel aufgibt. Jetzt geht Deutsche Grammophon in einem Video-Podcast dem Phänomen Carlos Kleiber auf die Spur.
Der britische Musiker und Radiojournalist Jon Tolansky, bekannt für seine unterhaltsamen Features, hat Fachleute und Weggefährten des Dirigenten interviewt, um sich ein Bild von der hermetischen Persönlichkeit des Künstlers zu machen. Am 12. Juni 2020 erschien die erste von sechs Folgen der vielversprechenden Podcast-Reihe “Mesmerised by Carlos Kleiber”. Soeben ist der zweite Teil herausgekommen, der sich Kleibers wichtigster Aufnahme, seiner legendären Interpretation von Webers “Freischütz” aus dem Jahre 1973, widmet.