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11 Fakten über Dirigenten: Carlos Kleiber

Carlos Kleiber
© Elisabeth Speidel
19.07.2017

Nachdem wir uns in der ersten Folge unserer neuen Serie mit dem Schaffen Leonard Bernsteins beschäftigt haben, wollen wir uns in dieser Woche Carlos Kleiber widmen, der von Kennern zu den Besten seiner Zunft gezählt wird und zugleich stets ein Mythos geblieben ist. Was ihn so besonders machte, erfahren Sie in den folgenden 11 Fakten…

1. Karl Ludwig Bonifacius Kleiber wurde am 03. Juli 1930 als Sohn des Österreichers Erich Kleiber in Berlin geboren. Sein Vater war zu der Zeit als Dirigent an der Staatsoper Berlin engagiert. Seine Mutter Ruth Goodrich war Amerikanerin jüdischer Abstammung und entfernt verwandt mit dem Schriftsteller Sir Walter Scott.

2. Seinen Vornamen Carlos nahm er an, als seine Familie 1940 nach Argentinien zog. Bereits 1935 migiriert Vater Erich mit seiner Familie nach Salzburg, da er die Einmischung des nationalsozialistischen Regimes in seine Arbeit an der Staatsoper Unter den Linden nicht länger dulden konnte.

3. Im August 1947 stand Carlos Kleiber erstmals öffentlich auf einer Bühne als sein Vater Erich im Teatro Colón in Buenos Aires Wagners Siegfried dirigierte. “Er war ja immer scharf auf Percussion und schwang bei einer Siegfried-Aufführung den Hammer. Darauf war er sehr stolz”, erinnert sich seine Schwester Veronika (in “Carlos Kleiber. Eine Biografie” von Alexander Werner, erschienen 2010 bei Schott).

4. Frühzeitig musikalisch interessiert und gebildet, besuchte Carlos die Proben seines Vaters Erich am Teatro Colón, entschied sich auf Anraten des Vaters, der sich so kurz nach dem Krieg eine sichere Profession für seinen Sohn wünschte, jedoch zunächst für ein Studium der Chemie in Zürich, wechselte aber bereits nach einem Semester 1950 zurück nach Buenos Aires, um Musik zu studieren.

5. Nach ersten Engagements als Korrepetitor in La Plata und München, dirigierte er sein erstes Bühnenstück am 12. Februar 1955 in Potsdam mit Carl Millöckers Operette Gasparóne unter dem Pseudonym “Karl Keller”. Zuvor hatte er sich nur sporadisch am Orchester seines Vaters in Buenos Aires und einem kleinen Rundfunkorchester in Montevideo probiert.

6. Auftritte von Carlos Kleiber waren rar und begehrt: So feierte er beispielsweise erst 1988 sein spätes Debüt an der Metropolitan Opera in New York, nachdem diese bereits diverse Male ohne Erfolg versucht hatte, ihn als Dirigenten zu gewinnen (er hatte offenbar zu hohe Löhne gefordert). Auch die Berliner Philharmoniker versuchten Ihn vergeblich nach dem Tod Herbert von Karajans dauerhaft als Chefdirigenten zu gewinnen. Carlos Kleiber witzelte zwar, die Berliner seien das einzige Orchester der Welt, das “nicht spießig” sei – lehnte jedoch ein festes Engagement ab.

7. Er dirigiere nur, wenn der Kühlschrank leer sei, sagte Herbert von Karajan einst scherzhaft über seinen hochgeschätzten Kollegen, tat Kleiber damit jedoch Unrecht oder erfasste zumindest nicht die Kleibersche Persönlichkeit in ihrer Gesamtheit. Bis er den Dirigentenstab tatsächlich erhob, waren meist viele Steine aus dem Weg zu räumen: es galt seinem hohen Anspruch an Löhne gerecht zu werden, gleichzeitig forderte er auch großzügig bemessene Probezeiten ein, um letztlich seinem hohen künstlerischen Anspruch gerecht zu werden. Nicht zuletzt sein Lampenfieber und seine Selbstzweifel (die womöglich nicht zuletzt dem übermächtigen Vater und Mentor zu verdanken sind) ließen ihn häufig von Engagements Abstand nehmen und führten zu kurzfristigen Absagen.

8. Carlos Kleiber gab zeitlebens nur ein einziges Interview, im Jahr 1960 für den NDR… Dieses können Sie hier hören.

9. Neben der Musik hatte Kleiber eine weitere Leidenschaft: Autos, die auch für die Nachwelt erheiternde Blüten trieb: Carlos Kleiber ließ sich – nachdem er ein Jahr zuvor sämtliche Auftrittsangebote abgelehnt hatte – im Jahr 1996 auf einen Handel der besonderen Artl ein: er sollte noch einmal mit dem Bayerischen Staatsorchester auf die Bühne gehen, um Brahms’ 4. Symphonie zu dirigieren und bekam dafür einen brandneuen Audi A8 im Wert von 140.000 Mark. Ein gefundenes Fressen für Medien und Musikwelt…

10. Carlos Kleiber verstarb im Alter von 74 Jahren in seinem Ferienhaus im slowenischen Dorf Konjšica (der Heimat seiner Ehefrau Stanislawa Brezovar). Um sein Ableben rankt sich das Gerücht, er habe Suizid begangen. Bereits seinem Vater Erich Kleiber, der am 27. Januar 1956 (dem 200. Geburtstag von Mozart) verstarb, wurde nachgesagt, er habe den Freitod gewählt.

11. 2011 wurde Carlos Kleiber von 100 seiner heute noch tätigen Dirigenten-Kollegen, darunter Gustavo Dudamel und Mariss Jansons in einer Umfrage des BBC Music Magazines zum besten Dirigenten aller Zeiten gewählt. Den zweiten und dritten Platz belegten Leonard Bernstein und Claudio Abbado. Sein Dirigierstil galt als einzigartig, äußerst ästhetisch, mit einer Gestik von fließenden Bewegungen und höchster Eleganz vermochte er Orchester zusammen mit einer metaphernreichen Sprache zu Höchstleistungen zu animieren. Ein lebhaftes Bild seiner Probenarbeit zeigt folgendes Video.

 

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