Die Meistertrios von Beethoven und Brahms gaben Klarinettist Daniel Ottensamer, Cellist Stephan Koncz und Pianist Christoph Traxler Anlass zu einer umfassenden Anthologie, in der alle drei Instrumente klanglich und technisch an ihre Grenzen gebracht werden. Die coronabedingten Einschränkungen des Konzertbetriebes 2020 sahen die drei als willkommene Gelegenheit, sich ausführlich mit ihnen zu beschäftigen und dabei zugleich deren Einfluss auf andere Komponisten auszuloten.
Ludwig van Beethoven etwa komponierte seine beiden Klarinettentrios: das Trio in B-Dur, op. 11, das so genannte “Gassenhauer-Trio” und das Es-Dur-Trio op.38 in einem Abstand von nicht einmal zwei Jahren – letzteres entstand nach einer Umarbeitung des Septetts op. 20.
Als Johannes Brahms sein Trio in a-Moll op.114 im Jahre 1891 schuf,– da hatte er eigentlich schon abgeschlossen mit dem Komponieren. Doch dann, inspiriert durch Mozarts berühmtes Klarinettenquintett A-Dur KV 581 und Carl Maria von Webers erstem Klarinettenkonzert in f-Moll, op.73, komponierte er außer dem Trio gleich noch drei andere Werke für “Fräulein Klarinette”, wie er sein spät für sich entdecktes Lieblingsinstrument nannte. Die Kombination dieser drei Instrumente hat nach Beethoven und Brahms noch viele andere Komponisten angeregt, von Gabriel Fauré über Max Bruch, Michail Glinka über Ferdinand Ries, Vincent d‘Indy und Alexander Zemlinsky bis zu Wolfgang Riehm, Arvo Pärt und Nino Rota.
Er habe, sagte Daniel Ottensamer in einem Interview, zunächst versucht, Wert auf eine gewisse Ausgeglichenheit im Repertoire zu legen zwischen Werken großer Komponisten und Werken weniger bekannter Komponisten, die es aber wert sind, aufgenommen zu werden, um dann auch Komponisten aus dem 20. Jahrhundert hinzuzuziehen.
Und dabei gelangen Ottensamer fabelhafte Entdeckungen. Das mit 30 Sekunden kürzeste Werk dieser Anthologie, nur 16 Takte lang, ist ein Fragment von Arnold Schönberg. Es erinnert in seinem Duktus eher an Johannes Brahms als an die späteren Werke der Zwölftonmusik. Daniel Ottensamer entdeckte des auf der Suche nach Trio-Literatur im Wiener Schönberg-Zentrum. Es wurde noch nie vorher gespielt oder aufgenommen. Schönberg, so Ottensamer, sei zu diesem Werk direkt durch das Klarinettentrio seines Schwagers Alexander Zemlinski, das ebenfalls zum Repertoire dieser Box gehört.
Aus der Vielzahl der Komponisten und der großen Zeitspanne ihres Wirkens vom späten 18. Jahrhundert bis in die heutige Zeit resultiert eine Vielzahl verschiedener Handschriften mit einer ungeheuer breiten Ausdruckspalette. Die drei verschiedenen Instrumente an sich bringen das schon mit, aber die schier unerschöpflichen Möglichkeiten, die sich aus dem Zusammenklang von Klarinette, Cello und Klavier ergeben, haben nicht nur die Komponisten immer aus Neue inspiriert. Und so war Daniel Ottensamer überrascht von der großen Meisterschaft aller dieser Werke, die gleichwohl im Konzertleben und in den Aufnahmestudios größtenteils keine Rolle spielen, im Unterschied zu den großen Meisterwerken von Beethoven und Brahms. Aber gerade auch Werke in dieser so speziellen Instrumentenkategorie etwa von Komponisten Paul Juon, Arvo Pärt, Jörg Widman oder Magnus Lindberg erleben zu können, darin liegt der große Reiz dieser außergewöhnlichen Anthologie.