Mischa Maisky ist Teil einer großen Tradition. Ein Foto im Booklet von “Portrait Of The Artist – Song Of The Cello” zeigt ihn 1973 in Jerusalem als jungen Musiker in einem Wohnzimmer, in dem sich unter anderem Pablo Casals und Isaac Stern zum Gespräch versammelt haben. Die Aufnahmen wiederum präsentieren ihn an der Seite von großartigen Kollegen wie Gidon Kremer, Martha Argerich oder Leonard Bernstein. Am 10.Januar feiert der Cellist aus Riga seinen 60.Geburtstag und die Deutsche Grammophon gratuliert dem Weltklassemusiker unter anderem mit der von ihm selbst zusammengestellten Doppel-CD in der Reihe “Portrait Of the Artist”, die zugleich eine kleine Werkschau und eine Einführung in die Grundlagen des Cello-Repertoires darstellt.
Sein künstlerischer Lebensweg führte ihn zunächst an die Spitze der sozialistischen Musikkultur. Geboren 1948 in Riga, gewann Mischa Maisky bereits als 17-Jähriger den ersten Preis beim nationalen Sowjetischen Wettbewerb. Er wurde Stipendiat in Moskau, Schüler von Mstislaw Rostropowitsch und von so manchem bereits als dessen Erbe angesehen.
Der Einbruch jedoch folgte 1969. Nachdem seine Schwester nach Israel emigrierte, wurde er zunächst im Arbeitslager interniert, durfte ihr aber 1972 ins Ausland folgen und begann daraufhin seine zweite, diesmal internationale Karriere. Bald hörte man ihn in den großen Sälen der westlichen Kulturwelt und weiterer Unterricht bei Gregor Piatigorsky rundete sein Können auf Weltniveau ab.
Spätestens seit den späten Siebzigern gehört Maisky daher zu ersten Wahl der Top-Cellisten und mehr noch: Durch die Erfahrungen seiner Biographie liegt ihm bei allen seinen Projekten daran, nicht nur den künstlerischen, sondern auch den menschlichen Aspekt der Musik in den Mittelpunkt zu stellen: “Wo Worte versagen, beginnt die Musik. Durch sie kann man mit Menschen auf der ganzen Welt kommunizieren, mit Menschen unterschiedlicher Kulturen, Religionen”, meint er selbst und betont einmal mehr den humanen Aspekt der Kunst, der im allgemeinen Trubel des Konzertbetriebs manchmal in den Hintergrund gerät.
Überhaupt sieht sich Mischa Maisky als Wahrer des sinnvollen Fortschritts aus dem Geiste der Tradition. Das gilt auch für die Zusammenstellung seines “Portrait Of The Artist”, das sowohl die Monumente der Cello-Literatur von Antonín Dvořáks “Cello-Konzert h-moll” und Edward Elgars Pendant in e-moll über Höhepunkte der Virtuosität wie Peter Tschaikowskys “Variationen über ein Rokoko-Thema” und Camille Saint-Saëns “Concerto for Violoncello and Orchestra Nr.1, a-moll” bis hin zu den intimeren Miniaturen der zweiten CD-Seite von Bach bis Schubert und Brahms bis Mendelssohn reicht. Dabei hat Maisky bei diesen Stücken eine Gliederung nach gleichen bzw. ähnlichen Tonarten bevorzugt, die zwar unüblich, aber durchaus reizvoll erscheint: “Ich bin irgendwie versessen auf Kontinuität – mein Wesen ist nicht sehr sprunghaft. Wenn man in der richtigen Stimmung ist, kann man eine Reihe von Stücken in derselben Tonart wirklich genießen.
Im vorliegenden Fall habe ich sehr verschiedenartige Stücke zusammengestellt, die eine Linie bilden. Wenn ein Werk nicht gefällt, kann man jederzeit zu einem anderen springen. Ich betrachte Bachs Sarabande als einen Traum, so leitet das Stück mühelos zu Aprés un rêve über. Und es gibt eine erstaunliche Verbindung zwischen der Vocalise, die jeder spielt, und der weniger bekannten Élégie. Schon als Jugendlicher liebte ich die Élégie ganz besonders, und hatte immer den Wunsch, sie auf dem Cello zu spielen”. Und so bildet das Albumblatt von Serge Rachmaninow in der Bearbeitung von Mischa Maisky den Abschluss eines famosen Portraits, eines Reigens der Stars von Giuseppe Sinopoli, Zubin Mehta und Leonard Bernstein bis zu Martha Argerich, Pavel Gililov und Maiskys Tochter Lily, die ihn unter anderem bei drei Werken von Rachmaninow zur Seite steht. Eine grandiose Zusammenstellung und ein würdiges Präsent zum Geburtstag eines Großmeisters seines Instruments.