»Man kann in Beethovens Konzert keine Virtuosität zeigen, man kann nur sich selbst zeigen«, sagt María Dueñas. »Und das geht nur über den Klang.« Die Ausnahmegeigerin beginnt ihre Laufbahn bei Deutsche Grammophon mit einer höchst individuellen Interpretation des Violinkonzerts von Beethoven, einem der musikalisch anspruchsvollsten und tiefgründigsten Werke des Repertoires. Es wurde live in umjubelten Aufführungen mit den Wiener Symphonikern und Manfred Honeck im Wiener Musikverein aufgenommen und eröffnet Dueñas‘ DG-Debüt Beethoven and Beyond. Mit ihren eigenen, neu geschriebenen Kadenzen zu jedem Satz stellt die Aufnahme María Dueñas nicht nur als Interpretin, sondern auch als Komponistin vor.
Auf dem Album sind auch eine Reihe vertrauter sowie seltener Glanzstücke für Violine und Orchester von Kreisler, Saint-Saëns, Spohr, Wieniawski und Ysaÿe. Zudem bringt María Dueñas auf einer Begleit-CD Kadenzen zu Gehör, die von denselben Komponisten für den ersten Satz des Gipfelwerks geschrieben wurden. Beethoven and Beyond erscheint am 5. Mai 2023.
María Dueñas, die seit mehreren Jahren in Wien bei dem renommierten Professor Boris Kuschnir studiert, gewann im September 2021 mit ihrer Lesart des Beethoven’schen Violinkonzerts den ersten Preis beim Internationalen Viktor-Tretjakow-Violinwettbewerb. Deutsche Grammophon hatte sie da bereits zur Aufnahme des Werks eingeladen; eine Darbietung mit den Dresdner Philharmonikern und Marek Janowski im selben Jahr hatte das Label aufhorchen lassen. »Beethovens Violinkonzert hat mich in den wichtigsten Momenten meines Lebens begleitet«, sagt María Dueñas. »Der Umzug von Deutschland nach Wien auf Empfehlung meines Mentors Maestro Vladimir Spivakov, meine Ausbildung und jetzt die Aufnahme – immer hat Beethoven eine Rolle gespielt.« Dass sie das Werk mit Manfred Honeck einspielen konnte, einem weiteren ihrer Mentoren, freut sie besonders.
Beethoven schrieb sein Violinkonzert für Franz Clement, einen der größten Interpreten seiner Zeit. Die Partitur, die zwei Tage vor der Uraufführung im Dezember 1806 fertiggestellt wurde, machte sich Clements legendäre Virtuosität zunutze und stellte ihn und auch alle Nachfolgenden vor eine große musikalische Herausforderung. Allein der erste Satz dauert mehr als 25 Minuten. Die Stille des langsamen Satzes wird durch die stürmische Wucht des Finales kontrastiert, Charakteristika, die durch den exquisiten Lyrismus und die rhythmische Vitalität in der Interpretation von María Dueñas herausgearbeitet werden.
»Wie frischer Wind«, schrieb ein Kritiker der spanischen Musikzeitschrift Codalario, nachdem er María Dueñas’ Kadenz in einer der Aufführungen im Wiener Musikverein Anfang des Jahres erlebt hatte, »offenbart wurde ihr herrlicher Klang, mit Doppel- und Dreifachgriffen, prachtvollen Trillern und bei aller Modernität voller Respekt für das Wesen von Beethovens Musik.«
Fasziniert vom Prozess des Komponierens, hat Dueñas sich nicht damit beschieden, selbst Kadenzen für alle drei Sätze zu schreiben und einzuspielen, sie hat außerdem die Kadenzen für den ersten Satz von fünf anderen Künstlern aufgenommen. Ganz unterschiedliche Herangehensweisen an das Konzert von Komponisten verschiedener Epochen und Herkunft werden deutlich: mozartisch angehaucht etwa wie bei Spohr, einem Zeitgenossen von Beethoven, oder virtuos wie die Kadenz des berühmten Könners Kreisler, von technischer Raffinesse wie bei Wieniawski und Ysaÿe oder romantisch wie bei Saint-Saëns.
Doch damit nicht genug, María Dueñas spielt von jedem der fünf noch ein weiteres Werk für Violine und Orchester. Es sind populäre Stücke darunter – Kreislers Liebesleid, Saint-Saëns’ Havanaise und Wieniawskis Légende – und weniger vertraute – das Adagio aus Spohrs Symphonie concertante Nr. 1 und die Berceuse von Ysaÿe. »Mir ist es sehr wichtig, dem Publikum auch Stücke zu präsentieren, die nicht so bekannt sind, in denen aber viel Musik steckt«, sagt Dueñas. Wiederum begleiten sie die Wiener Symphoniker unter Manfred Honeck.
Ihre Darbietung von Beethovens Violinkonzert sowie von Kreislers Liebesleid und Ysaÿes Berceuse im Musikverein Wien wird am 20. Mai um 20 Uhr exklusiv auf STAGE+ zu erleben sein. Mit Manfred Honeck, Chefdirigent des Pittsburgh Symphony Orchestra, und seinem Ensemble tritt sie vom 16.−18. Juni in der Heinz Hall in Pittsburgh mit Lalos Symphonie espagnole auf.
María Dueñas spielt auf der Nicolò-Gagliano-Violine von 17?4, einer Leihgabe der Deutschen Stiftung Musikleben, und der Stradivarius »Camposelice« aus dem Jahr 1710, einer Leihgabe der Nippon Music Foundation.