Erzählt Daniel Hope von seiner Sicht auf den Komponisten Alfred Schnittke, so spricht er unmissverständlich von einer “Liebesbeziehung”. Entsprechend persönlich und gewichtig ist auch das neue Album Hopes, auf dem sich der Geiger gut 20 Jahre nach dem Tod Schnittkes unter dem Titel “Schnittke – Works for Violin and Piano” mit verschiedenen Werken des einzigartigen Künstlers auseinandersetzt. Am 5. Februar erscheint die Einspielung bei Deutsche Grammophon.
“Gute Musik lässt sich nicht durch gute Absichten schaffen”, so hat Alfred Schnittke einmal seine Grundüberzeugung beim Komponieren formuliert. Für seine eigene Arbeit setzte sich Schnittke intensiv mit der Vergangenheit auseinander und suchte ebenso eigenwillig wie genial nach seiner ganz persönlichen musikalischen Wahrheit. Neben seiner Erforschung von historischen Stilformen und der Komposition etlicher Filmmusiken, wagte Schnittke in seinen Werken unkonventionelle polystilistische Experimente und errang schließlich den Status eines musikalischen Revolutionärs. “Ich habe den Eindruck, dass Schnittke von Natur aus eher rebellisch war”, sagt Daniel Hope. 1992 begegnete der Geiger dem Tonschöpfer zum ersten Mal, in den folgenden Jahren kam es immer wieder zu musikalischen Begegnungen zwischen Hope und Schnittke, die den Geiger sehr inspirierten. Bis heute hält seine Faszination für Schnittkes vielseitiges Schaffen an, wovon das neue Album ein eindrucksvolles Zeugnis abgibt.
Alfred Schnittke arbeitete in seinen Werken mit verschiedensten Musikstilen und –sprachen. Auf dem Album “Schnittke – Works for Violin and Piano” spiegelt sich diese Vielseitigkeit und Komplexität in der Auswahl von Werken aus dem Entstehungszeitraum von 1963 bis 1990 faszinierend wieder. Am Beginn steht mit der “Suite im alten Stil” eine mehrteilige Komposition, die mit Anklängen an barocke Kompositionen spielt, gefolgt von zwei eingängigen Filmmusiken, einer Polka und einem Tango. Ein Schlüsselwerk Schnittkes ist die “Violinsonate Nr. 1”, ein Stück von großem stilistischen Reichtum und feiner Ironie. Für Hope ist diese Erste Sonate ein “Werk der Extreme”. Dabei sei jeder einzelne Satz wie die Quintessenz eines musikalischen Ideals, mal der seriellen Musik, mal der Volksmusik, mal eines Zitats aus einem Klaviertrio von Schostakovitsch, humoristisch gekrönt von einer brillanten Verschmelzung all des vorangegangenen Materials mit dem lateinamerikanischen Hit “La cucaracha” im vierten Satz. Auf die Sonate folgt mit dem “Madrigal in memoriam Oleg Kagan für Solovioline” ein weiterer Höhepunkt des Albums. Schnittke zeigt sich hier von einer tief spirituellen Seite, bevor am Schluss des Albums sein ganz spezielles Arrangement des Weihnachtsklassikers “Stille Nacht” erklingt, in dem der Komponist alle Sentimentalität brachial gegen den Strich bürstet.
Das Schnittke-Album Daniel Hopes ist musikalische Hommage und Liebeserklärung in einem und zieht vom ersten Ton an in den Bann. Dabei gelingt es den Musikern, die Vielgestaltigkeit, Wendigkeit und Emotionalität des außergewöhnlichen Komponisten in seiner Interpretation der verschiedenen Werke hingebungsvoll zum Ausdruck zu bringen und Schnittkes Tonsprache gerade in ihren Brüchen und Ambivalenzen tief zu ergründen. Neben Hope ist mit dem Pianisten Alexey Botvinov ein ausgewiesener Schnittke-Experte an den Tasten zu erleben, der im Zusammenspiel mit dem Geiger als einfühlsamer und ebenbürtiger Duopartner überzeugt.