Selten waren sich die Nachrufe so einig: Mit Carlos Kleiber ist am 13. Juli 2004 einer der ganz großen Künstler des vergangenen Jahrhunderts von uns gegangen. Seine Unbestechlichkeit im Umgang mit den Werken, seine Fähigkeit, Feuer und Leidenschaft für die Musik zu entfachen, war ebenso legendär wie sein Hang zum Launischen, der ihn manche Konzert in letzter Minute absagen ließ. Für die Deutsche Grammophon jedenfalls ließ er trotz großer Skepsis dem Medium Langspielplatte gegenüber sich mehrfach zu Aufnahmen überreden, die wenigstens einen Ausschnitt seiner Genialität für die Nachwelt erhalten konnten.
Carlos Kleiber wagte sich vergleichsweise selten vor die Mikrofone. Von Anfang an bevorzugte es der österreichisch-argentinische Dirigent deutscher Herkunft, in der Wahl seiner Mittel und Abhängigkeiten frei zu sein. Mag sein, dass dieser Hang zur Ungebundenheit in seiner Biografie begründet ist. Denn seine Kindheit war bestimmt vom Exil. Als Sohn des Dirigenten Erich Kleiber anno 1930 in Berlin geboren, musste er mit seiner Familie zwei Jahre nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten aus Deutschland fliehen. Ihre neue Heimat wurde Buenos Aires und der kleine Carlos machte seine ersten prägenden musikalischen Erfahrungen im Gefolge des Vaters, den er zu Proben an das Teatro Colón begleitete. Er wurde privat unterrichtet, begann in La Plata ebenfalls am Theater zu arbeiten und wurde 1952 für kurze Zeit Korrepititor am Münchner Gärtnerplatztheater.
Daraufhin ging er als Kapellmeister zunächst nach Potsdam, dann an die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf-Duisburg, nach Zürich, Stuttgart und wieder München. Dort blieb er von 1968 an als “ständiger Gastdirigent” der Bayerischen Staatsoper verbunden, wirkte aber auch in Bayreuth, Wien, Stuttgart, Salzburg, Prag und Mailand weiter. Als Gegner symphonischer Routine wechselte er immer wieder die Ensembles, schwor sie aber während der gemeinsamen Arbeit auf eine besondere Aufmerksamkeit im Umgang mit den musikalischen Vorlagen ein. Einige seiner seltenen Auftritte wurden zum Glück von der Deutschen Grammophon für die Nachwelt festgehalten und sind unter folgenden Signaturen zu finden: