Mit Joseph Haydn beginnt die Ära der modernen Sinfonie. Mozart und Beethoven werden in die Fußstapfen des großen Wegbereiters treten. Sie werden das persönliche Element, den individuellen Ausdruck, noch weiter ausreizen.
Beethoven wird einen großen Schritt tun und zum Pionier der romantischen Stimmungskunst avancieren. An Haydn wird er aber Zeit seines Lebens festhalten. Der älteste der Wiener Klassiker bleibt sowohl für Beethoven als auch für Mozart ein Vorbild, und wer die ebenso wohlklingenden wie schwungvollen Sinfonien von Joseph Haydn hört, der weiß auch, warum.
Haydn hat eine Klangsprache erfunden, die von hinreißender Schönheit ist. Das tänzerische Moment ist beinahe immer anwesend. Es weckt die Lust und Freude des Hörers. Und die Harmonien sind so ideenreich und so überaus klug durchgebildet, dass man sofort begreift, warum ein Beethoven so große Stücke auf Joseph Haydn hielt und sich an ihm orientierte.
Doch Haydn ist noch viel mehr als ein Wegbereiter. Er besitzt eine eigene Logik, eine eigene Musikalität, die durch die Gipfelstürme Beethovens beinahe in Vergessenheit geraten wäre. Nach Beethovens triumphalen neun Sinfonien war die Versuchung groß, in Haydn bloß einen Vorbereiter zu sehen. Dass sich diese Haltung nicht durchsetzen konnte, ist ein wesentliches Verdienst der historischen Aufführungspraxis. Leute wie Christopher Hogwood oder Frans Brüggen ließen Haydn originalgetreu erklingen.
Sie führten seine Sinfonien mit den alten Instrumenten auf, die Haydn selber noch gehört hatte. Damit schärften sie den Sinn für die ureigene Klangwelt Joseph Haydns. Anfangs wurden die historisch orientierten Dirigenten noch als nostalgisch verlacht. Aber ihre Interpretationen fegten alle Zweifel hinweg. Bei Hogwood und Brüggen klang Haydn frisch, dynamisch und höchst individuell. Die Ergebnisse der historischen Haydn-Interpretation waren sensationell, und es ist ein Ereignis für sich, dass sie jetzt erstmals in einer großen Sammlung gebündelt vorliegen.
“Haydn – Sämtliche 107 Sinfonien” umfasst 35 CDs. Die limitierte Edition enthält ein umfangreiches Booklet, das mit einem brandneuen Essay von Haydn-Kenner David Threasher aufwartet. Die Aufnahmen stammen von Schlüsselfiguren der historischen Aufführungspraxis: Mit Christopher Hogwood und Frans Brüggen sind Altmeister der historischen Interpretationskunst vertreten. Mit Ottavio Dantone ist ein Stardirigent mit von der Partie, der durch exzeptionelle Aufnahmen barocken Repertoires von sich reden gemacht hat und tief in die historischen Grundlagen von Haydns Sinfonik eingedrungen ist.
Dantones Aufnahmen der Sinfonien 78, 79, 80 und 81 sind eigens für diese Edition angefertigt worden. Die Accademia Bizantina, deren Direktor Dantone seit 1996 ist, entfaltet die ganze sinnliche Fülle von Haydns Klangkunst. Das musizierfreudige Orchester kostet jedes harmonische Detail aus.
Den Löwenanteil der Ausgabe bilden die Referenzaufnahmen von Christopher Hogwood. Der britische Maestro war einer der wichtigsten Vorreiter der historischen Aufführungspraxis. Er hat mit seiner Academy of Ancient Music Maßstäbe der Haydn-Interpretation gesetzt. Der differenzierte Klang und die tänzerische Dynamik, die er Haydns Sinfonien abgewinnt, sind einmalig. Frans Brüggen steht dem in nichts nach. Seine exquisiten Aufnahmen mit dem Orchestra of the Age of Enlightenment sind Wunderwerke der klanglichen Ausgewogenheit und Transparenz.