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Herbert von Karajan
Herbert von Karajan

Gute Unterhaltung

02.05.2003

Wer sonst keine Ahnung von der Musik der Barockzeit hat, der kennt doch in der Regel zwei Werke: Bachs “Brandenburgische Konzerte” und Vivaldis “Vier Jahreszeiten”. Sie gehören inzwischen zu den populärsten klassischen Orchesterstücken überhaupt. Das ist auch ein Verdienst Herbert von Karajans, dessen Einspielungen der Dauerbrenner mit den Berliner Philharmonikern geholfen haben, deren Ruf als Höhepunkte fürstlich-höfischer Unterhaltungskunst zu mehren.

Der Titel “Brandenburgische Konzerte” stammt nicht von Johann Sebastian Bach. Erst 1873 wurden die “Six Concerts avec plusieurs Instruments”, die der Komponist am 24. März 1721 dem Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg gewidmet hatte, in einer Biographie von Philipp Spitta unter dem heute gebräuchlichen Titel zusammen gefasst. Ursprünglich waren die Werke im Auftrag des musikliebenden Landesfürsten entstanden, auch wenn sie eigentlich auf die künstlerischen Fähigkeiten der Köthener Musikkapelle zugeschnitten waren, die Bachs Dienstherr Fürst Leopold bereits 1715 auf 17 Instrumentalisten aufgestockt und damit zu einem angesehenen Ensemble seiner Region aufgewertet hatte.

 

Für den Komponisten wiederum waren sie mehr als nur eine galante Fingerübung, denn der Anlage nach waren sie eine Art Zusammenfassung dessen, was damals unter Konzertieren verstanden wurde. Das erste Konzert vermittelte einen Rahmen, was für Ausführungen möglich sind, und die übrigen Werke führten diese Vorgaben dann in unterschiedlicher Komplexität aus. Schon deshalb wirken die sechs Orchesterwerke noch heute exemplarisch. Herbert von Karajan nützte diesen programmatischen Charakter, um am Beispiel der “Brandenburgischen Konzerte” seine Vorstellung von klanglicher Transparenz und Geradlinigkeit zu entwickeln. Das entspricht zwar nicht den Maximen der historischen Aufführungspraxis, wirkt aber stattdessen umso lebhafter und vitaler.

 

War Bach von den letztlich regionalen, protestantischen Vorgaben seiner Dienstherren abhängig, so präsentierte sich Antonio Vivaldi durchaus souverän im höfischen Kontext damaliger Weltstädte wie Venedig. Von einem Zeitgenossen etwa, der den Komponisten und Geiger 1715 in einem Konzert erlebt hatte, sind folgende Beobachtungen überliefert: “Gegen das Ende spielte der Vivaldi ein accompagnement solo, admirabel, woran er zuletzt eine phantasie anhing, die mich recht erschrecket, denn dergleichen ohnmöglich so jehmals ist gespiehlet worden noch kann gespiehlet werden”. Der Virtuose repräsentierte den Geist der Zeit und so sind Vivaldis “Vier Jahreszeiten” als Instrumentalkonzerte auch in besonderem Maße darauf ausgerichtet, das technische Können der Darbietenden zu demonstrieren. Von den sechs größeren Sammlungen fasste der Komponist vier unter programmatischen Motti zusammen.

 

Die “Vier Jahreszeiten” erschienen zunächst 1725 unter dem Titel “Der Wettstreit zwischen Harmonie und Einfall”, waren aber von Anfang an darauf angelegt, mit lautmalerischen Details Stimmungen zu evozieren. Karajan konzentrierte sich genau auf diese Stärken des Werkes und interpretierte es als Mischung von tändelnder Leichtigkeit (“Frühling”), maßvollem Pathos (“Sommer”), verhaltenem Nachdruck (“Herbst”) und morbidem Ernst (“Winter”).

 

Die Kraft seiner Einspielung liegt darin, dass er gemeinsam mit den Berliner Philharmonikern diese Atmosphären nachvollziehbar machen kann. Deshalb sind seine “Vier Jahreszeiten” ebenso wie die “Brandenburgischen Konzerte” ein wichtiger Bestandteil der unter dem Signum “The Collection” erschienenen kleinen Werkschau des Maestros mit zentralen Aufnahmen seiner einzigartigen Karriere.

 

Für alle Karajan-Fans nochmal alle Hintergrundbilder:

 

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