Das Vermächtnis von Pierre Boulez für die Musikwelt des 20. Jahrhunderts, ob als Dirigent oder Komponist, ist von gewaltigem Umfang. Weltweit wurde er als Dirigent von herausragender Klarheit, analytischem Denken und absoluter Präzision in der Ausführung gefeiert. Sein künstlerisches Credo als Dirigent formulierte der 1925 in Montbrison Geborene einmal so: “Das Ziel der Musik ist es nicht Gefühle, sondern Musik auszudrücken. Musik ist kein Gefäß, in das der Komponist seine Seele Tropfen für Tropfen füllt, sondern ein Labyrinth ohne Anfang und Ende, voller neuer Wege, die es zu entdecken gilt – und wo das Geheimnis ewig währt.”
Die Stationen der Biografie Pierre Boulez' sind beredtes Zeugnis seiner Suche nach den neuen Wegen. Sie reichen vom ersten Klavierunterricht und den Mathematikkursen für die Aufnahmeprüfung der École Polytechnique 1941 in Paris über den Unterricht bei Andrée Vaurabourg-Honegger, Olivier Messiaen und René Leibowitz 1945 am Pariser Konservatorium bis zur Gründung seines “Ensemble Intercontemporain” im Jahr 1976. Kompositions- und Lehrtätigkeit und vor allem das Dirigieren bestimmen sein Leben ab den 50er Jahren. “Es gibt eine ganze Generation von uns, die vollständig von Boulez erzogen wurde.”, sagt Sir Simon Rattle.
Nach ihren beiden Boulez-Editionen “Œuvres complètes” von 2013 und “Domaine musical” von 2015 wird die Deutsche Grammophon jetzt einen weiteren Meilenstein bei der Aufarbeitung des musikalischen Erbes dieses bedeutenden Komponisten, Schriftstellers und Dirigenten vorlegen. “Boulez – The Conductor”, eine 84-CD + 4 Blu-ray Video Discs Original Jackets Collection, wird erstmals alle Aufnahmen von Pierre Boulez als Dirigent bei Deutsche Grammophon und Decca enthalten. Die Edition erscheint am 28. Januar 2022 und kann bereits jetzt im Store der Deutschen Grammophon vorbestellt werden.
Ein gewaltiges Werk, denn Boulez war fast ein Vierteljahrhundert Exklusivkünstler beim Gelben Label. Und so umfasst die Edition viele außergewöhnliche Aufnahmen, darunter sein Mahler-Symphonie-Zyklus, seine Grammy-Awards ausgezeichneten Bartók- und Strawinski-Produktionen, seine Aufnahmen der modernen Klassiker wie Varèse und Ligeti, und die erste vollständige Aufnahme von Alban Bergs Oper “Lulu”. Als Referenzaufnahmen der Zweiten Wiener Schule gelten auch Schönbergs “Moses und Aaron” und die von der Kritik gefeierten Anton Webern Einspielungen.
Ein Höhepunkt dieser Box ist die Inszenierung des legendären Bayreuther Jahrhundert- “Rings” von 1976 bis 1980 durch Pierre Boulez und Patrice Chéreau, zu erleben auf vier Blu-ray Discs in HD-Qualität. Darüber hinaus enthält die Box aufschlussreiches Bonusmaterial: die erste internationale Veröffentlichung einer Interview-CD Pierre Boulez’ über Debussy, Mahler, Webern.
Das außerordentliche künstlerische Vermögen des Dirigenten Pierre Boulez beschreibt sein Kollege Daniel Barenboim mit der Fähigkeit “… jede einzelne Note selbst in den komplexesten Partituren hörbar zu machen. Alle Zeilen sind hörbar und das ist die Voraussetzung für seine Gefolgsleute, jeden Versuch, auf seine ganz individuelle Art zwischen den Zeilen zu lesen, zu versuchen.”