Unter den Opern von Richard Strauss ist “Der Rosenkavalier” eine faszinierend andere Erscheinung. Geschmeidig im Klang und ebenso unterhaltsam wie berührend in ihrer zutiefst menschlichen Thematik begeisterte sie schon bei ihrer Uraufführung 1911 das Publikum. Diese Kraft hält bis heute an und so zählt die Oper zu den beliebtesten Bühnenwerken Richard Strauss'. Im vergangenen Mai wurde “Der Rosenkavalier” an der Metropolitan Opera in New York auf die Bühne gebracht und trumpfte dort unter der Leitung von Sebastian Weigle mit einer wahren Starbesetzung auf: Renée Fleming gab ein letztes Mal in ihrer Karriere die Marschallin, Elina Garanca spielte die Hosenrolle des Octavian, Günther Groissböck den Baron Ochs. Nun erscheint bei DECCA Classics eine Aufzeichnung dieser packenden Inszenierung.
Nachdem Richard Strauss mit seinen Opern “Salome” und “Elektra” Werke komponiert hatte, die in ihrem Inhalt und der Ausreizung der harmonischen Traditionen durchaus von revolutionärem Geist zeugten, suchte er nach einem heiteren, lebensnahen Stoff. Das Libretto dazu lieferte schließlich Hugo von Hofmannsthal: Einen mal leichtfüßigen, mal melancholischen Liebesreigen, der die Zeit der Donaumonarchie und die Diskrepanz zwischen Standesbewusstsein, Dünkel und plumper Triebhaftigkeit augenzwinkernd aufzeigte. Richard Strauss gestaltete diesen Stoff des Rosenkavaliers auf seine ganz eigene Art und Weise: üppig und sinnlich in der Instrumentierung des Orchesters, hoch virtuos in den Gesangspassagen und mit hintersinnigen musikalischen Anspielungen auf die Walzer-Seligkeit der Wiener Gesellschaft.
Die Neuinszenierung des Rosenkavaliers durch den Regisseur Robert Carsen erzählt das Beziehungsdrama rund um die Marschallin, Octavian und den Baron Ochs als berührende Reflexion über Beständigkeit und Wandel. “In diesem Stück geht es sehr stark um die Vergänglichkeit der Zeit”, so Carsen, und mit gutem Grund hat er seine Produktion in den letzten Jahren der Habsburger Monarchie angesiedelt, also in exakt jener Zeit, in der Strauss und Hofmannsthal die Oper schufen. Die besonderen Facetten dieser Zeit, die Tradition des 19. Jahrhunderts und die faszinierende Mischung aus Art Nouveau und Moderne, spiegeln sich denn auch mit nostalgischem Flair in der Bühnengestaltung wieder. “Das ganze Stück hindurch ist eine bittersüße Note spürbar, eine bestimmte Melancholie, ein Lachen hinter den Tränen…all diese Schattierungen, die mit der fin-de-siècle-Stimmung dieser Komposition einhergehen”, so der Regisseur. Für ihn symbolisiert die Oper damit das Ende einer bestimmten Welt und einen Abschied vom Goldenen Zeitalter.
Dichtes Zusammenspiel von Renée Fleming und Elina Garanca
Renée Fleming und Elina Garanca haben in dieser Opernproduktion erstmalig zusammen gearbeitet und es gehört zu den Höhepunkten dieser Aufführung, die beiden Sopranistinnen im innigen Zusammenspiel zu erleben. Mit welch mannigfaltiger stimmlicher Ausdruckskraft und schauspielerischer Intensität sie ihre jeweiligen Rollen gestalten und mit Leben füllen, ist so virtuos wie mitreißend. Dabei ist besonders faszinierend, wie der feine Grat zwischen Komödie, Melancholie und Drama kunstvoll gemeistert wird und gerade die Rolle der Marschallin in all ihrer Zerrissenheit berührt. “Die Marschallin ist eine komplexe Frau, die mit Themen ringt, mit denen wohl die meisten etwas anfangen können”, so Fleming. Ihre großartige Interpretation dieser Rolle tut ihr Übriges dazu und so setzt sich die Sopranistin mit dieser letzten Aufführung eindrucksvoll selbst ein Denkmal.