Elīna Garanča bringt in ihren vielseitigen Projekten stets mit unmittelbarer Authentizität ihre Persönlichkeit mit ein und präsentiert sich allein über diese Eigenschaft über ihre ebenso virtuose wie farbenprächtig-cremige Mezzostimme hinaus als Ausnahme-Sängerin. Auf dem Album “Sol y Vida” offenbart sie mit stimmlicher und interpretatorischer Strahlkraft einen persönlichen Blick auf Arien und Lieder des Südens. Die Sonne und das Leben ist das treffende Motto des Albums, in dem die gebündelte kreative Energie der Sängerin steckt. Elīna Garančas Heimat Lettland mag zwar nicht für übermäßig viele Sonnenstunden bekannt sein, doch die Wärme und das satte Timbre ihrer Stimme ist in den südamerikanischen, spanischen und italienischen Kompositionen künstlerisch hörbar zuhause, darüber hinaus lebt Garanča seit vielen Jahren in Spanien und ist damit auf alltäglicher Basis nah am Puls des südlichen Lebensgefühls.
Unvergessen ist Luciano Pavarottis feurige Interpretation von Agustín Laras “Granada” – doch Elīna Garanča zeigt nun, dass sie auch mit ihrer Stimme ganz mühelos die unwiderstehliche Glut des berühmten Liedes entfachen kann. Überhaupt stellt die Sängerin mit ihren feurigen Versionen von Werken, die in der Vergangenheit zumeist von Tenören gesungen wurden, ihre männlichen Kollegen mit Leichtigkeit in den Schatten. Das neapolitanische Stück “Core n’grato” hat der emigrierte amerikanische Komponist Salvatore Cardillo einst für Enrico Caruso komponiert – Elīna Garanča versteht es, die vertrauten Klänge für sich einzunehmen und ganz neu in Szene zu setzen. Elīna Garanča ist der Inbegriff einer starken Frau und Künstlerpersönlichkeit. Mit ihrer kraftvollen Stimme bringt sie sowohl leidenschaftliche Emotionen als auch brillante Eleganz zum Ausdruck. Mal ist ihr Timbre dunkel und erdig, fast rau, mal führt sie ihre Stimme mit schwebender Leuchtkraft durch virtuosere Passagen.
Mit dem chilenischen Stück “Gracias a la vida” verbreitet die Sängerin im Zusammenspiel mit dem Gitarristen José María Gallardo del Rey lateinamerikanisches Flair und feiert mit ausgelassener Lässigkeit das Leben. Mit großem Gefühl für die unterschiedlichen Schattierungen, die in den Kompositionen stecken, zeigt Elīna Garanča, dass ihre grenzenlose Musikalität nicht auf ein bestimmtes Genre festgelegt ist, sondern in den lateinamerikanischen Volksliedern genauso zum Ausdruck kommt, wie in poetischen Liebesliedern oder einem argentinischen Tango aus der Feder von Astor Piazzolla. Elīna Garančas temperamentvolle Darbietung von “Yo soy María” ist einer der emotional berührenden Höhepunkte des Albums. Mit der gefühlvollen Ode “Brazil” nimmt die Sängerin die Ohren abschließend mit auf eine sinnliche Reise, die ebenso wohlige Wärme wie rhythmisches Feuer verströmt.
Das ganze Album strotzt vor Gefühl. Mit “T’estimo” gelingt Elīna Garanča ein inniger musikalischer Liebesschwur, in “Torna a Surriento” von Ernesto de Curtis erklingt tiefe Sehnsucht, in der Arie “Non t’amo più” von Francesco Paolo Tosti bringt sie den Schmerz einer verlassenen Frau zum Ausdruck und beschwört mit “No puede ser” von Pablo Sorozábal die Kraft der Liebe. Elīna Garanča vermag es, alle Gefühle mit einer solchen Überzeugungskraft zu vermitteln, dass man den Eindruck bekommt, die Kompositionen seien ihr auf den Leib komponiert worden. “Sol y Vida” ist von einer authentischen Strahlkraft durchdrungen – und das, bis in den letzten Ton am hintersten Pult der zweiten Geigen.
Auch das Orquesta Filarmónica Gran Canaria weiß ganz offensichtlich mehr als genau, wovon Elīna Garanča singt. Das Orchester der kanarischen Insel ist der perfekte Klangkörper, um gemeinsam mit der Sängerin unter Leitung ihres Mannes Karel Mark Chichon die klangliche Szenerie eines heißen Sommertages zu kreieren. Die Musiker schwelgen gemeinsam mit der Sängerin in den zeitlos schönen Melodien und lassen mit großer atmosphärischer Gestaltungsfreude die Töne flirren und die Rhythmen pulsieren.
Heiß soll er wieder werden, dieser Sommer, auch in Deutschland. Elīna Garančas Album ist der perfekte Soundtrack für glühende Sonnenstunden und laue Sommerabende.