Die Opernfans sehen Ben Heppner lange schon in Rollen wie dem Siegfried. Er selbst allerdings ist da vorsichtiger. Denn um sich auf Wagner einzulassen, ist eine bestimmte musikalische Einstellung nötig, für die sich nicht jeder unmittelbar berufen fühlt. Und so hat auch der kanadische Tenor sich Zeit gelassen, um mit Aufnahmen aus dem “Ring” an die Öffentlichkeit zu gehen. Das künstlerische Resultat allerdings ist erstaunlich. Denn Heppner wirkt in den Partien von Siegmund und Siegfried, als wären sie für ihn geschaffen.
Der Siegfried ist eine künstlerisch problematische Rolle und das nicht nur wegen der enormen stimmlichen und darstellerischen Ansprüche, die damit an den Interpreten gestellt werden. Wer ihn einmal erfolgreich gesungen hat, wird schnell mit diesen Partien identifiziert und ist festgelegter als ein Sänger, der sich freier im Repertoire bewegen kann. Auch das war ein Grund, weshalb Heppner mit Arien aus dem “Ring” bis zu seinem fünfzigsten Lebensjahr gewartet hat. “Die wichtigste Tatsache aber war, dass es Zeit und eine besondere stimmliche Reife braucht, bis man den Siegfried meistern kann. Als ich zum Beispiel mit James Levine einmal darüber redete, meinte er zu mir: 'Du könntest sicherlich die ‘Götterdämmerung’ vom Stand aus singen und es wäre eine gute Wahl. Beim jungen Siegfried allerdings wäre ich mir da nicht so sicher'. Und er bezog sich damit vor allem auf die physische Ausdauer die man für diese Rolle braucht”. Dabei hatte Heppner sich in seinen Spielzeiten an der Met durchaus in anderen Wagner-Partien wie in den “Meistersingern”, dem “Lohengrin” oder auch dem “Fliegenden Holländer” bewährt. Seinem eigenen Gefühl nach aber wollte noch warten: “Wenn ich früher versucht hätte, diese Arien aufzunehmen, noch bevor es mir ein Bedürfnis gewesen wäre, den ‘Ring’ zu singen, wäre bestimmt etwas schief gegangen. Auch wenn ich noch einen Weg vor mir haben, ist es jetzt für mich trotzdem von Vorteil, einmal dieses Buch aufgeschlagen und mit auch diese Rollen vorbereitet zu haben”. Denn es ist bereits absehbar, dass ihn das Festival in Aix-en-Provence 2008 für einen jungen Siegfried auf der Bühne haben will.
Einstweilen jedoch begnügt sich Heppner mit Auszügen aus dem “Ring”. Um seinem Wagner-Album eine sinnvolle Form zu geben, hat er die Arien inhaltlich chronologisch ausgewählt. Den Anfang machen “Ein Schwert verhieß mir der Vater”, “Winterstürme wichen den Wonnemond” und “Siegmund heiß ich und Siegmund bin ich!” aus der “Walküre”, in der Heppner in die Rolle des Vaters schlüpft. Die übrigen Ausschnitte umfassen einzelne Passagen aus Siegfrieds Leben von “Notung! Notung! Neidliches Schwert!” aus dem “Siegfried” bis hin zu “Brünnhilde, heilige Braut!” aus der “Götterdämmerung”. Dabei wurden die Arien bewusst kontrastreich gewählt, um der Stimme die passenden Möglichkeiten zur Entfaltung zu geben und den Hörer möglichst abwechslungsreich durch den komplexen Stoff zu führen. Heppner erweist sich dabei als herausragender Spannungskünstler, der mit der inneren Dramatik sowohl der Rollen wie der Musik angemessen effektvoll umzugehen versteht. Ihm zur Seite stehen darüber hinaus die ausgezeichnet ausbalancierte Staatskapelle Dresden, die von Wagner-Spezialist Peter Schneider mit viel Gespür für die farbigen Details geleitet wird. So wundert man sich schließlich, warum Heppner sich nicht schon eher mit Wagners Opernepos an die Öffentlichkeit gewagt hat. Vielleicht stand ihm schlicht sein eigener Perfektionsdrang im Weg: “Wenn man auf der Bühne einen Fehler macht, hat man keine Chance, es am gleichen Abend noch einmal anders zu machen. Das Publikum ist allerdings in der Regel aufmerksamer auf den Fortgang der Handlung konzentriert als auf die musikalische Perfektion. Bei einer Aufnahme kann man natürlich immer wieder anfangen, bis alles passt”. Was für ein Glück für die Hörer.