Jedes Album ist ein Bekenntnis. Aber die Aussage kann sehr variieren, je nachdem, wie und wo die Musik festgehalten wird. Vadim Repin und Nikolai Lugansky beispielsweise hatten sich im vergangenen Juli nach Berlin begeben, um dort im Studio der Teldec einige ihrer in Konzertsälen gefeierten Zwiegespräche zu dokumentieren. Es wurde, trotz aller Professionalität der beiden russischen Koryphäen, eine echte Herausforderung. „Aufnahmen im Studio sind immer eine heftige Angelegenheit“, erinnert sich Vadim Repin an die Tage. „Es ist großartig, wenn die CD dann fertig ist, aber die Sessions selbst sind harte Arbeit, weil man für jeden Take in Hochform sein soll. Am Ende des Tages fühlt man sich dann durch die emotionale Anstrengung wie komplett ausgewrungen. Im Konzert hat man das Publikum, was man niemals im Studio haben kann. Im Studio wiederum hat man die Auswahl, die man nie in einem Konzert haben kann“.
Aber Repin und Lugansky hatten es so gewollt. Seit Jahren kann man die beiden gemeinsam auf den internationalen Bühnen erleben und so war es an der Zeit, dass einige der Stücke, die sie immer wieder mit Begeisterung präsentiert haben, nun auch in der vorerst ultimativen Version auf CD gebannt werden: „Die Sonate von Franck ist das Zentrum und darüber hinaus das Stück, das wir am häufigsten zusammen gespielt haben. Janáček ist ganz etwas anderes, die intimste und emotionalste Musik, die man sich vorstellen kann. Und Grieg wiederum hat eine ganz andere Substanz. Es ist wie eine Art Mozart des 19. Jahrhunderts, eine sehr wahrhaftige und natürliche Kompostion. Griegs Gefühle sind wirklich direkte emotionale Reflexionen. Es wäre meines Erachtens schwer, drei Werke aus der Romantik zu finden, die noch unterschiedlicher zueinander sind als diese hier“.
Für die Aufnahmen auf „Violin Sonatas“ selbst aber ist das nur von Vorteil. Denn die Künstler können auf diese Weise nicht nur packende Einzelstücke formulieren, sondern darüber hinaus auch eine großen Bogen spannen, der von der Innerlichkeit über die direkte Emotion bis zur Energie eines kritisch sich hinterfragenden Hochromantikers reicht. Das generiert Spannung zwischen den Kontrasten und Vitalität der Interpretation selbst im perfekten, abstrakten Ambiente des Tonstudios. Und das ist auch die Möglichkeit, trotz der Konkurrenz durch vorhandene Aufnahme etwas Neues, Eigenständiges zu schaffen. „Von jedem Stück gibt es bereits hundert Versionen“, meint Nikolai Lugansky, „man macht daher keine Platte, bloß um sich davon abzusetzen. Diese Aufnahme ist vielmehr das Dokument zweier Menschen, die zusammen spielen und diese Musik lieben. Es ist die einzige Art von Dokument, die wir überhaupt hinterlassen können. Komponisten geben uns ihre Noten und ihre Gedanken. Für uns Musiker sind dann die Aufnahmen die Art und Weise, unsere Spuren zu hinterlassen“.
“Violin Sonatas” ist bei iTunes mit digitalem Booklet erhältlich.
Am 24.09.2010 war Vadim Repin übrigens zu Gast in der TV-Sendung ARTE Lounge. In der ARTE-Mediathek können Sie sich seinen Besuch und ein Interview mit dem Geiger ansehen.