Leonard Bernstein hat die Musikgeschichte des vergangenen Jahrhunderts mannigfaltig geprägt und bereichert. Am 25. August wäre der amerikanische Pianist, Komponist und Dirigent 100 Jahre alt geworden. Die Serie Bernstein 100 würdigt Leonard Bernstein als einzigartige Künstlerpersönlichkeit und musikalisches Multitalent und stellt seine unterschiedlichsten Facetten vor.
Leonard Bernstein war ein musikalischer Tausendsassa und kann mit gutem Grund als Universalgenie in der Welt der Musik bezeichnet werden. Dabei entbehrte es nicht einer gewissen Tragik, dass er sich mangels Zeit zwangsläufig immer wieder zwischen seinen verschiedensten Talenten entscheiden musste. Es ist wohl nur mit der überbordenden Energie und Schaffenskraft des Musikers zu erklären, dass er sich dennoch nie gänzlich von einem Bereich verabschiedete, sondern Zeit seines Lebens mal als eindringlicher Dirigent, mal als facettenreicher Komponist, mal als packender Pädagoge und Musikvermittler und immer wieder auch als brillanter Konzertpianist begeisterte. “Es ist mir unmöglich”, sagte Bernstein einmal, “ausschließlich Dirigent, Komponist, Theaterautor oder Pianist zu sein. Das, was mir in einem bestimmten Augenblick als richtig erscheint, ist genau das, was ich tun muss. Denn das Ziel ist die Musik.”
Das Klavier war für den vielseitigen Künstler Arbeitsinstrument und Ausdrucksmittel zugleich. An ihm komponierte er seine unterschiedlichen Werke und auf ihm interpretierte er ein reiches Repertoire, das – ganz in Bernstein-Manier – quer durch die Genres ging. Auch in seinen legendären “Young People’s Concerts”, in denen er einem jungen Publikum in der New Yorker Philharmonie verschiedenste klassische Sinfoniewerke näherbrachte, griff er für die Demonstration von bestimmten Stellen oder musikalischen Stilmitteln immer wieder gerne aufs Klavier zurück.
Auch wenn Leonard Bernstein vielen seiner Fans in späteren Jahren insbesondere als Dirigent in Erinnerung blieb: das Klavier war der Ausgangspunkt und der Schlüssel zu seiner einzigartigen Karriere. So wurde das außergewöhnliche Talent des jungen Bernstein erst entdeckt, als eine Tante ihr Klavier bei seiner Familie unterstellte. Damals war Leonard Bernstein bereits 10 Jahre alt und begeisterte sich schnell für das klangvolle Tasteninstrument und seine musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten. Schnell war klar, dass Bernsteins Weg in die Musik führen sollte. Nach einem Studium der Musikwissenschaft an der Harvard University besuchte er schließlich das Curtis Institute of Music und das Berkshire Music Center und studierte dort Klavier, Komposition und Dirigieren. Alle drei Bereiche begleiteten Bernstein fortan in seinem Leben und fanden immer wieder aufs Neue fruchtbar zusammen.
Ganz gleich ob am Dirigentenpult, beim Komponieren oder an den Tasten: Leonard Bernstein vermochte es wie kaum ein anderer, die Grenzen fließend werden zu lassen und die verschiedensten Genres und Passionen miteinander zu vereinen. Als Konzertpianist verfügte er über ein breites Repertoire und faszinierte mit seiner Interpretation von Beethovens oder Mozarts Klavierkonzerten ebenso wie er mit Gershwins “Rhapsody in Blue” in den Bann zog. Geerdet, präsent und leidenschaftlich in der musikalischen Ausgestaltung, kraftvoll und impulsstark in seiner Anschlagskultur, beeindruckte Bernstein am Klavier als dichter Gestalter der melodischen Bögen, der die Stücke musikantisch, singend und kontrastreich zum Leben erweckte und auch an den Tasten geleitet wurde von seiner kompromisslosen Hingabe an die Musik.