Mozarts Klaviertrios haben eine schwebende Leichtigkeit. Das heißt nicht, dass sie einfach oder gar oberflächlich sind. Ein schwebender Ton will gekonnt sein. Es ist wie mit fließender Konversation. Sie erfordert ein gewisses Maß an spielerischer Lust, Improvisationsgabe und ein Gespür für den Gesprächspartner und für Situationen. Ein Kammerensemble kann auf solche Fähigkeiten nicht verzichten. Kammermusiker sind aufeinander angewiesen, sie müssen einander zuhören und schnell reagieren können. Langweilig sind Ensembles, deren Solisten sich zu sehr ähneln. Prekär wird es, wenn die Musiker keine Teamplayer sind, sich ihr Unterschied als zu groß erweist und die einzelnen Stimmen nicht zueinanderfinden.
Das Trio von Daniel Barenboim besitzt genau das richtige Maß. Schon die altersmäßige Durchmischung des Ensembles hat unschätzbare Vorteile. Sie garantiert vielfältige Wahrnehmungsmuster, die schöpferisch fruchtbar gemacht werden können.
Daniel Barenboim ist der Grandseigneur des Ensembles, der mit der geballten Macht seiner jahrzehntelangen Erfahrung den Ton angibt. Sein Sohn Michael, ein feinsinniger Geiger mit geschliffenem Ton, ist mittleren Alters und kann bereits auf zahlreiche Glanzpunkte seiner jungen Karriere, wie die fruchtbare Zusammenarbeit mit dem großen Avantgarde-Komponisten Pierre Boulez, verweisen. Kian Soltani ist der Shootingstar des Ensembles. Der österreichische Cellist ist noch in seinen 20ern und hat mit seinem im Vorjahr bei Deutsche Grammophon erschienenen Debütalbum “Home” einen maßgeblichen Schritt zu internationaler Berühmtheit getan.
Die in ihrer jeweiligen Musizierweise zum Vorscheinen kommenden Charakterunterschiede der Solisten tragen das Ihrige zur kreativen Beweglichkeit des Trios bei. Daniel Barenboim liebt die direkte Ansprache. Er ist ein begnadeter Kommunikator. Michael Barenboim pflegt einen diskreten Stil, und Kian Soltani verkörpert Inbrunst, romantische Leidenschaft in seinem Spiel.
Diese reizvollen Unterschiede bilden im Verein mit der virtuosen Klasse und der musikalischen Begeisterungsfähigkeit des Ensembles eine hervorragende Grundlage für Mozarts viel zu selten gehörte Klaviertrios. Das soeben erschienene Album der drei Ausnahmemusiker ist ein beeindruckender Beweis hierfür. Ihre zu Beginn des Jahres live im Pierre Boulez Saal in Berlin aufgezeichnete Interpretation von Mozarts Klaviertrios bringt die Tanzlaune und das großzügige Flair des Wiener Klassikers kongenial zur Geltung bringt.
Die drei Solisten “kennen sich gut”, so der mexikanisch-französische Startenor Rolando Villazón im Booklet des Albums, “sie machen seit vielen Jahren Musik zusammen und haben die sechs Mozart-Trios schon oft gespielt. Jetzt überreichen sie sie uns als Geschenk, als Einladung, an ihrer Mozart’schen Unterhaltung und dem schwerelosen Tanz teilzuhaben.”
Die hinreißende Leichtigkeit der Interpretation gleitet nie in bloße Routine ab. Das hat indes auch Mozart selbst zu verhindern gewusst, denn der tänzerische Schwung seiner Klaviertrios wird immer wieder von plötzlichen Molleintrübungen gebremst. Mozart hat in seine Trios viele tiefsinnige Ideen eingestreut. Das gilt vor allem für die raffiniert gebauten Trios in B-Dur (KV 502) und E-Dur (KV 542). Sie erfordern ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit, schnelles Umschalten zwischen unterschiedlichen Stimmungen und poetisches Feingespür. Das Ensemble um den Starpianisten Daniel Barenboim zeigt sich auf der Höhe dieser komplexen Anforderungen.
Zu erleben ist Daniel Barenboim zudem im Deutsche Grammophon Podcast “Lass uns über Klassik reden”.