Wenn sich zwei viel beschäftigte Ausnahmemusiker zusammentun, um ein gemeinsames Werk zu erschaffen, dann muss da eine ganz besondere Verbindung sein. Und tatsächlich, so weit Catrin Finch und John Rutter dem Alter nach auch auseinander sind – Finch ist 1980, Rutter 1945 geboren – so sehr teilen sie doch eine große Leidenschaft, deren Wurzeln bereits in beider Kindheit liegen. „Meine Liebe zur Harfe wurde sehr früh entfacht. Als Junge sang ich Sopran bei Benjamin Brittens ‚Ceremony of Carols‘ und war wie gefesselt von den Klängen der uns begleitenden Harfe“, erzählt der Komponist, der dem Instrument auch später in seinen Werken immer wieder besonderen Raum gab. Ähnlich erzählt Catrin Finch vom Ursprung ihrer Faszination. Als die damals 5-Jährige bei einem Konzert die spanische Harfenistin Marisa Robles erlebt, ist sie tief beeindruckt: „Ich sagte meinen Eltern ‚Ich will Harfe spielen‘. Sie stöhnten zwar ‚Oh nein‘, aber in Wales ist Harfe spielen recht beliebt.“ Bereits fünfzehn Jahre später wurde sie zur königlichen Harfenistin des walisischen Königshauses ernannt.
Neuer Glanz für Rutters Werke
Das nun auf Deutsche Grammophon erscheinende Gemeinschaftswerk „Blessing“ verbindet
kunstvoll Finchs Virtuosität mit der kompositorischen Vielschichtigkeit Rutters. So wird das Album eröffnet durch Rutters frühere Stücke „A Gaelic Blessing“ und „The Lord bless you and keep you“, welche an die Harfe als Instrument der Engel erinnern sollen und hierfür eigens umgeschrieben wurden. Auch die „Suite Lyrique“, eine Welt-Ersteinspielung für „Blessing“, steht im Zeichen der Vielseitigkeit von Finchs Harfenspiel: „Da die Harfe sehr stark mit Frankreich verbunden ist, adaptierte ich für Catrin eine sehr französisch-inspirierte Komposition. Sie besteht aus sechs Parts, die von Tanz- und Gesangsformen des 18. Jahrhunderts beeinflusst sind, gepaart mit einem vom Jazz inspirierten Walzer, der das Ganze wieder näher in die heutige Zeit rückt.“
Die Harfe als walisisches Kulturgut
Eine weitere spannende Komponente des Albums beruht auf dem hohen Stellenwert, den die Harfe in der walisischen Kultur einnimmt. Daher war es Rutter und Finch wichtig, dass sich auf „Blessing“ auch keltische Klänge wiederfinden. Dieser Wunsch mündete schließlich in drei wunderbar arrangierte walisische Volkslieder, unter anderem interpretiert von der Sopranistin Elin Manahan Thomas in Zusammenarbeit mit jungen Musikern aus dem Orchester Sinfonia Cymru, mit dem Finch bereits eine langjährige Zusammenarbeit verbindet. Doch der eigentliche Glanzpunkt innerhalb des keltischen Themas fand überraschend Eingang in die gemeinsame Arbeit: Finchs eigene Komposition.
Catrin Finch debütiert als Komponistin
„Während wir das Album aufnahmen, begann ich mit meiner Arbeit an einem Concerto für Harfe und Streicher“, erzählt die Harfenistin über die Entstehung ihres „Celtic Concerto“. Finchs erste Eigenkomposition begeisterte Rutter sofort: „Es ist von ungemein großer Imagination und Vielschichtigkeit. Ich bestand darauf, es in unsere Arbeit zu integrieren, weil ich überzeugt war, dass es sich perfekt in unsere kleine Auswahl einfügen würde.“ Schließlich machen die sorgfältig getroffene Auswahl der Stücke, die auf Finch persönlich zugeschnittenen Kompositionen – Rutter schrieb sogar zwei Lullabys für Finchs Töchter – sowie die vielen musikalischen Verweise auf Herkunft von Künstler und Instrument aus „Blessing“ ein Werk, das etwas Großartiges versprüht: Persönlichkeit.