Chopin und Cello? Eine erstmal seltene Kombination. Es sei denn, eine erstklassige und ambitionierte Cellistin wie Camille Thomas widmet sich diesem Komponisten und erschafft dabei ein faszinierendes Projekt, das sich dem Künstler auf ganz unterschiedlichen Wegen annähert. “The Chopin Project” ist der Titel der daraus entstandenen Alben-Trilogie – es ist das bislang ambitionierteste Projekt der Interpretin und ein außergewöhnliches musikalisches Psychogramm des Tonschöpfers. Die Trilogie ist am 9. Juni bei Deutsche Grammophon erschienen und ist auch als 1 CD Essential-Version erhältlich.
Camille Thomas ist nicht ohne Grund eine der gefragtesten Cellistinnen ihrer Generation. Mit ihrem ausdrucksstarken Spiel, ihrer reifen Ausdeutung der musikalischen Wendungen und ihrer makellosen Technik und Virtuosität zieht die Künstlerin eindringlich in den Bann und scheint beim Musizieren eins zu werden mit ihrem Instrument. Schon seit ihrer frühen Kindheit stand das Cello im Mittelpunkt von Thomas‘ Leben, bereits mit 15 gab sie erste Konzerte und gewann renommierte Wettbewerbe und Preise. Seit 2017 ist Thomas Exklusivkünstlerin bei Deutsche Grammophon – eine Partnerschaft, aus der unter anderem das gefeierte Album “Voice of Hope” im Jahr 2020 hervorgegangen ist.
“The Chopin Project” beinhaltet 220 Minuten Musik, die den Tonschöpfer und Menschen Frédéric Chopin eindrucksvoll und facettenreich erspüren lassen. Der Weg zu diesem besonderen Aufnahmeprojekt nahm seinen Anfang mit Chopins einziger Cellosonate op.65, die Thomas schon seit vielen Jahren begleitet, und die Chopin einst dem Cellisten Auguste Franchomme gewidmet hat. Als Thomas schließlich das Angebot bekam, das Feuermann Stradivarius von 1730 zu leihen und damit jenes Instrument zu spielen, das einst Franchomme gehört hatte, war das für sie ein Zeichen. “Durch diesen unglaublichen Wink drängte es sich ganz natürlicherweise auf, ein Chopin gewidmetes Album aufzunehmen”, so die Cellistin. Für die Suche nach geeignetem Repertoire stellte Thomas intensive Nachforschungen an, sichtete die Manuskripte von Chopin ebenso wie von Franchomme und entwickelte ihr umfassendes Projekt.
Das Tripelalbum ermöglicht den Hörern nun drei ganz unterschiedliche Blickwinkel auf den Komponisten. So beinhaltet der erste Teil „Chopin for Cellists“ die berühmtesten Stücke des Komponisten, die man hier in neuem Licht wiederentdecken kann, zum einen in Bearbeitungen etwa von Franchomme und Glasunow, zum anderen in Thomas eigenen Arrangements. Unter dem Titel „Complete Chamber Music“ umfasst der zweite Teil des Projekts die gesamte Kammermusik von Chopin, konkret drei Werke für Cello und Klavier, von denen zwei für Auguste Franchomme komponiert wurden, sowie Chopins Trio op. 8. “The Franchomme Legacy” versammelt schließlich die Werke des Cellisten Franchomme sowie jene Werke, die dieser für Chopin bearbeitet hat. Eine besonders reizvolle Ergänzung des mannigfaltigen Mosaiks bietet schließlich der Bonustrack, eine Einspielung des Lieds, das Serge Gainsbourg über das Prélude op. 28 Nr. 4 geschrieben hat. Hierzu sagt Thomas: “Auch wenn die Kompositionen vor fast 200 Jahren geschaffen wurden, sind sie immer noch so aktuell wie eh und je. Sie sprechen von den gleichen Gefühlen wie heute: Liebe, Zärtlichkeit, Melancholie… Also lag mir viel daran, eine Brücke zur zeitgenössischen Musik zu schlagen”.
Das Tripelalbum von Camille Thomas ist weit mehr als eine Zusammenstellung berührender Musik. So ist es das Zeugnis einer intensiven Auseinandersetzung der Interpretin mit Frédéric Chopins Leben und Schaffen, das ganz neue musikalische Perspektiven auf den Meisterkomponisten ermöglicht. Darüber hinaus feiert “The Chopin Project” die Kraft der Freundschaft – sowohl zwischen Chopin und Franchomme, als auch zwischen Camille Thomas und ihren musikalischen Kollegen. Hierzu sagt Thomas: “Dieses Album erzeugt starke Emotionen in mir. Weil ich das Instrument spiele, das Chopin wahrscheinlich bis in seine letzten Momente begleitet hat, aber auch, weil es mir erlaubte, mich mit meinen engen Freunden zu umgeben: den Pianisten Julien Brocal, Julien Libeer und Lucas Debargue oder dem Geiger Daniel Hope, der, nebenbei erwähnt, ein Instrument spielt, das Chopin gekannt haben soll! Und zu meiner größten Freude haben sich auch meine beiden großartigen Lehrer, Frans Helmerson und Wolfgang Emanuel Schmidt, bereit erklärt, mich bei diesem Projekt zu begleiten.”