Vor knapp vier Jahren legte der Pianist András Schiff eine vielbeachtete Gesamteinspielung von Beethovens Klaviersonaten vor. Live aufgezeichnet bei Soloauftritten in der Tonhalle Zürich, erschien der Zyklus beim Münchener Label ECM New Series in einer sorgfältig edierten Box mit umfangreichem Booklet und elf Tonträgern, darunter eine auch gesondert erschienene Bonus-CD mit “Encores after Beethoven”: Zugaben von Bach, Haydn, Mozart, Schubert und Beethoven, die Schiff bei seinen Recitals in Zürich aufgeführt hatte und denen er eine poetisch-atmosphärische Nähe zu Beethovens Klaviersonaten attestierte.
Öffentliche Reaktionen
Der Zyklus, der vor seiner kompakten Gesamtherausgabe im Jahre 2016 im Zeitraum 2004–2008 bereits in acht Einzelveröffentlichungen erschienen war, erfuhr international viel Zuspruch. Als Vorzüge von Schiffs Beethoven-Interpretation markierte die Öffentlichkeit das klangsinnliche Gespür des Pianisten, seine Detailfreude und seine neugierige Haltung, mit der er sich dem schon so oft aufgenommenen Schlüsselwerk der Klavierliteratur gewidmet hatte. Schiffs Spiel besitze sowohl “Stimmungszauber” als auch “Klarheit”, lobte das Klassik- und Jazzmagazin Fono Forum die klangliche Balance des Pianisten in der fünften Folge des Zyklus mit den Sonaten Nr. 16–18 und 21 (“Waldstein-Sonate”). Einige Aufführungen der späten Sonaten seien so mächtig, trieb der Musikkritiker Andrew Clements im Guardian seine Würdigung der Gesamtedition auf die Spitze, dass Schiff damit all seine Vorgänger hinwegfege.
Digitale Erstveröffentlichung
Jetzt erscheint der binnen kurzer Zeit zur Referenzaufnahme avancierte Beethoven-Zyklus von András Schiff erstmals in digitaler Gestalt. Im Beethoven-Jahr 2020, dem 250. Geburtstag des Wiener Klassikers, ein notwendiger Schritt, wird so doch dem wachsenden Segment des Publikums, das entweder gar nicht mehr oder zumindest nicht mehr ausschließlich auf physische Ausgaben zugreift, Genüge getan. Diesen Hörerinnen und Hörern bietet sich jetzt die Chance, Schiffs ebenso durchdachte wie leidenschaftliche Beethoven-Interpretation kennenzulernen.
Einen tiefen Einblick in die Künstlerpersönlichkeit des Pianisten gewährt das in der digitalen Ausgabe als PDF verfügbare Booklet der Edition, das bei ausgewählten Services zum Download bereit steht. Die Gespräche zwischen dem Schweizer Journalisten Martin Meyer und András Schiff sind von elektrisierender Klugheit. Die Fotos des Pianisten vermitteln auf der gestischen Ebene einen Eindruck von seinem nachdenklichen Künstlertum. Wichtige intellektuelle Anregungen, die nicht allein für das Fachpublikum von Belang sind, bieten schließlich die zwei Essays aus Schiffs eigener Feder und der Beitrag von Martin Meyer.
Die Rezension der physischen Veröffentlichung können Sie hier lesen.