Anton Bruckner selbst hatte empfohlen, anstatt des fragmentarischen vierten Satzes sein “Te Deum” zu spielen. Die Musikwelt begnügte sich jedoch bislang, die 9. Sinfonie des 1896 in geistiger Umnachtung verstorbenen Komponisten als dreiteiliges Werk zu präsentieren.
Sicher, es gab bereits Versuche der Komplettierung wie Anfang der neunziger Jahre, als ein Team aus Musikwissenschaftlern und Musikern, zu dem unter anderem Nicola Samale und Benjamin Gunnar Cohrs gehörte, einen vierten Satz zusammenstellte und zur Aufführung brachte. In den Augen der Kritik gelang es diesem Bruckner-Amalgam jedoch nicht, den visionären Vorstellungen des Komponisten gerecht zu werden.
Schon deshalb wird es bei den diesjährigen Brucknertagen im österreichischen St. Florian einigen Diskussionbedarf geben. Am 18. August nämlich führt der Dirigent Peter Jan Marthé eine neue Fassung der Neunten auf – mit einem von ihm selbst komponierten vierten Satz als Finale. 750 Takte oder rund 25 Minuten Musik werden erklingen, vom ehemaligen Meisterschüler Celibidaches mit dem European Philharmonic Orchestra präsentiert. Natürlich werden sich im Anschluss daran voraussichtlich die Geister scheiden, aber das ist ja durchaus im Sinne Bruckners. Schließlich bleibt sein Werk dadurch in der Diskussion. (Infos unter: www.brucknertage.at)