Vielleicht hätte er aus Salzburg kommen müssen. Dann wäre ihm ein Jubiläumsjahr sicher gewesen. So aber erinnern sich nur die Spezialisten für Barockmusik, dass der Komponist Domenico Scarlatti am 23. Juli vor genau 250 Jahren in Madrid starb. Der gebürtige Neapolitaner gehörte zwar zu den anerkannten Komponisten seiner italienischen Heimat, doch er stand lange im Schatten seines berühmten Vaters Alessandro, der als Autorität in Fragen der Oper galt.
So brauchte es eine räumliche Veränderung, damit der Sohn endlich die Schaffenskraft entfalten konnte, die in ihm schlummerte. Scarlatti zog nach Portugal, wurde an die königliche Kapelle engagiert und avancierte zum Cembalolehrer der Infantin Maria Barbara. Als diese schließlich zur spanischen Königin wurde, folgte er ihr in das Nachbarland, wo er bis zu seinem Tod lebte. Diese Jahre sollten sich zu seinen produktivsten entwickeln. Es entstanden 555 Klaviersonaten, die meisten einsätzig, einige aber auch umfangreicher und wohlmöglich für Violine mit Cembalobegleitung gedacht. Erstaunlicherweise ist keines der Werke in einer Originalhandschrift erhalten, sie existieren nur in zeitgenössischen Drucken und Abschriften.
Trotzdem zählen sie zu den großartigsten Solo-Werken für Klavier bzw. Cembalo, deren Farbenpracht und stilistische Vielfalt weit über den unmittelbaren Zeitraum des Barocks hinausreichen. Der ungarische Pianist András Schiff beispielsweise nahm sich im September 1987 einer Auswahl von 15 besonders prägnanten Beispielen von Scarlattis Tonkunst an und setzte sie mit der ihm eigenen Fähigkeit zur inspiriert fließenden Interpretation um. Eine hochgelobte Einspielung, die im Rahmen der Erfolgsserie “The Originals” unlängst wieder zugänglich gemacht wurde.