Es gibt keinen Dirigenten, der mit so vielen Superlativen überhäuft worden ist wie Herbert von Karajan. Ein Genie auf erstaunlich vielen Gebieten der Musik, der Technik und nicht zuletzt der Lebenskunst, galt er schon zu Lebzeiten als eine Legende.
Hellmut Kotschenreuther hat es in seinem ergreifenden Nachruf auf den Punkt gebracht: “Karajan war eben doch ein Wunder.” Der große Kritiker war sich damals schon sicher, dass Karajans Erbe fortleben wird: “Sein Nachhall wird beträchtlich sein.” Das können wir, die Nachgeborenen, heute ohne Wenn und Aber bestätigen. Der Nachruhm Herbert von Karajans, sein Fortleben in glänzenden Aufnahmen und historischen Zeugnissen seiner charismatischen Persönlichkeit, ist gewaltig.
Je mehr Zeit nach seinem Tod im Jahre 1989 ins Land geht, desto deutlicher schärft sich dabei der Blick für seine wahre Größe. Manche unfaire Behauptung über seinen strengen Führungsstil wurde nachträglich ins rechte Licht gerückt. So betont zum Beispiel Christa Ludwig sein Feingefühl für Sänger und seinen großen Respekt für den Eigensinn jeder Künstlerpersönlichkeit. Die große Mezzosopranistin, die gerade ihren 90. Geburtstag gefeiert hat, gibt in einem Interview mit der Wirtschaftswoche offenherzig hierüber Auskunft.
“Als er mich nach Salzburg eingeladen hatte, die Brünnhilde zu singen, habe ich zwei Monate vor der Premiere abgesagt”, so Ludwig. “Ich habe mir die Strapazen einfach nicht zugetraut. Und, was passierte? Karajan sagte: ‚Christa, Sie sind wie eine Katze.‘ Und als ich fragte, wie er das meinte, sagte er: ‚Ein Hund gehorcht, wenn man ihm befiehlt, in den Abgrund zu springen – eine Katze nicht.‘ Kurzum: Er hat’s akzeptiert – und mich hernach wieder engagiert. Man muss nur Mut haben, ‚Nein‘ zu sagen.”
Darüber hinaus gestatten die vielen glänzenden Editionen, die sich sowohl für Fachleute als auch für Klassik-Einsteiger eignen, ein immer ausgewogeneres Urteil über den Giganten. War es eine Zeitlang Usus, Karajans strahlenden, bis ins aberwitzigste Detail hinein perfektionierten Orchesterklang zu loben, so rückt nun auch seine Großzügigkeit, seine weltbürgerliche Eleganz und der Farbenreichtum seiner Interpretationen ins Licht. Karajans Größe erschöpft sich nicht in seiner unzweifelhaft eindrucksvollen Perfektion.
Der österreichische Dirigent besaß einen ganzen Strauß von außerordentlichen Fähigkeiten. Wer diesen Strauß in seiner ganzen Pracht bewundern möchte, der sollte schnell auf die streng limitierte, größte und edelste Karajan-Edition aller Zeiten zugreifen. Sie erschien erst vor wenigen Monaten und gilt als das definitive Gesamtportrait des unvergessenen Maestros.
“Herbert von Karajan – Complete Recordings on Deutsche Grammophon & Decca"”umfasst 330 CDs, 24 DVDs und 2 Blu-ray Audio Discs. Der Inhalt: vollständige Sinfonien-Zyklen von Beethoven, Brahms, Mendelssohn, Schumann und Tschaikowsky, geistliche Klassiker, zahllose Meisteropern sowie Highlights der Operette. Und alles in vollendet schöner Klanggestalt und begleitet von einem reich bebilderten Booklet!
Wer sich für bestimmte Genres der Klassik oder Zeitabschnitte in Karajans Schaffen interessiert, der sei auf die noblen Spezialausgaben etwa seiner Opernaufnahmen oder seiner geistlichen Interpretationen verwiesen. Die beliebten Jahrzehnt-Editionen verheißen spannende Einblicke in den Wandel seines Dirigierens. Bleiben die kultigen Wiederauflagen von Vinyl-Klassikern des Dirigenten. Kurz: Für jeden ist etwas dabei.