Magdalena Kožená hält sich gern im Hintergrund. Die Blitzlichtgewitter überlässt sie anderen Künstlern und widmet sich lieber der Musik. Das aber macht sie so eindrucksvoll, dass Abende wie die Konzerte in der Berliner Philharmonie im vergangenen Januar zu denkwürdigen Ereignissen werden, die den Menschen im Saal noch lange in Erinnerung bleiben werden. Und zum Glück waren die Spezialisten der Deutschen Grammophon dabei und haben diesen großen Moment der Kunst festgehalten.
Ein ungewöhnliches Programm
Vor der Tür herrschte Winter, im Saal der Berliner Philharmonie eine besondere Form der Dunkelheit. Denn Magdalena Kožená hatte sich für ihre Konzerte ein Programm ausgesucht, das schon durch die Zusammenstellung aus den Rahmen fiel. Den Anfang bildeten Antonin Dvořàks „Biblische Lieder“, die 1894 während der Zeit des Komponisten in Amerika entstanden, als er künstlerischer Direktor und Professor für Komposition am National Conservatory of Music war. Nur kurz zuvor waren mehrere Zeitgenossen und zum Teil enge Freunde wie Gounod, Tschaikowsky und Hans von Bülow gestorben und auch der Vater des Komponisten lag auf dem Sterbebett. Diese Konstellation sorgte unter anderem dafür, dass die „Biblischen Lieder“ zu den Werken gehören, die einen besonderen Ernst, ja schon beinahe Tragik ausstrahlen, die von Magdalena Kožená mit einer immensen Präsenz umgesetzt wurde.
Ravel und Mahler
Den zweiten Konzertteil bildeten Maurice Ravels „Shéhérazade“ und schließlich die „Rückert-Lieder“ von Gustav Mahler, die Magdalena Kožená derart eindrucksvoll gelangen, dass man dazu im im Tagesspiegel lesen konnte: „‚Ich bin der Welt abhandengekommen’, das letzte der fünf Rückert-Lieder von Mahler, wird zur Keimzelle des Abends, an dem Kožená, Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker ins Nirgendwoland aufbrechen, ins Reich der Utopien, fern allen ‚Weltgetümmels’, wie es bei Mahler heißt. Kožená kann einzelne Töne erbleichen lassen, sie mit einem Hauch von Totenstarre überziehen und ihren Gesang im nächsten Moment mit Erotik ausstatten, mittels minutiös verfeinertem Vibrato wie in Ravels ‚Shéhérazade’.“
Auch ein Jubiläum
Das Album „Love And Longing“, mit dem diese faszinierenden Augenblicke mit Magdalena Kožená und ihrem Ehemann, dem Dirigenten Sir Simon Rattle, am Pult der Berliner Philharmoniker festgehalten wurden, ist nicht nur eine herausragende Aufnahme, sondern auch eines von drei Projekten, mit denen die Deutsche Grammophon die 100-jährige Partnerschaft mit dem weltweit renommierten Spitzenorchester feiert. Denn anno 1913 taten sich die junge Plattenfirma und das Orchester erstmals zusammen. Damals dirigierte Arthur Nikisch die „5.Sinfonie“ von Beethoven am Pult der Berliner Philharmoniker und die Deutsche Grammophon nahm dieses Ereignis für die Nachwelt auf.
Zwei weitere Projekte
Neben Sir Simon Rattle und Magdalena Kožená mit „Love And Longing“ gehört ein weiterer famoser Dirigent zum Defilee der Gratulanten. Gustavo Dudamel spielt erstmals mit den Berliner Philharmonikern ein Programm mit Werken von Richard Strauss ein. „Also sprach Zarathustra“ ist bereits im Kasten, im Januar 2012 folgen „Don Juan“ und „Till Eulenspiegel“; das Album ist für Herbst 2013 geplant. Dritter Star in der Runde ist die Geigerin Anne-Sophie Mutter, die ihre erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Berliner Philharmonikern um die Interpretation des „Violinkonzerts“ von Antonin Dvořàk ergänzen wird. Aber zunächst einmal sind Sir Simon Rattle und Magdalena Kožená mit „Love And Longing“ an der Reihe, einem der intensivsten und bewegendsten Alben der Saison.