Mit seiner Friedens-Messe “The Armed Man” hat der walisische Komponist Karl Jenkins ein Stück geschaffen, das mittlerweile zu den meist aufgeführten Werken eines lebenden Komponisten überhaupt gehört. Nun knüpft der außergewöhnliche Tonschöpfer an diesen Erfolg an und auch diesmal widmet er sich einem überaus bedeutungsvollen und schwergewichtigen Thema. Anlässlich des 50. Jahrestages der Katastrophe von Aberfan in Südwales hat sich Jenkins intensiv mit dieser Tragödie auseinandergesetzt und eine Kantate komponiert, die den Schmerz über den plötzlichen Tod, aber auch die tröstliche Kraft der menschlichen Natur auf packende Art und Weise einfängt: "Cantata Memoria – For The Children “
Der 21. Oktober 1966 ist als schwarzer Tag in die walisische Geschichte eingegangen und bis heute gleicht die Katastrophe von Aberfan einer tiefen Wunde, die nur langsam heilt. Am Morgen dieses Tages geriet in dem Bergarbeiterdorf Aberfan in Südwales eine Halde ins Rutschen und die Geröllmassen zerstörten 20 Häuser, eine Farm, außerdem fast die gesamte Pantglas-Grundschule und Teile der benachbarten Mittelschule. Insgesamt 144 Menschen kamen dabei ums Leben, 116 waren Kinder. Dieses schreckliche Ereignis hat sich fest in die walisische Seele eingebrannt und auch der Komponist Karl Jenkins ist damit groß geworden. Anlässlich des 50. Jahrestages wurde er nun darum gebeten ein Stück zu komponieren, das sich mit diesem Ereignis musikalisch auseinandersetzt. Entstanden ist mit der “Cantata Memoria” schließlich ein Werk, das diesem Anspruch mehr als gerecht wird und dabei noch weit darüber hinausgeht. Für Jenkins war “die Behandlung eines Themas, das so tief in der Seele der Waliser liegt, eine gleichermaßen erschütternde wie erhebende Erfahrung”. Ausgehend von der Katastrophe in Aberfam und dem Leiden der dortigen Familien hat er ein Stück geschaffen, das er bereits im Titel den Kindern widmet – jenen von Aberfam und allen anderen. So ist das Stück bei aller Traurigkeit schließlich auch von einem zutiefst tröstlichen und hoffnungsvollen Gedanken getragen. Karl Jenkins meint dazu: “Abgesehen von der Darstellung des Desasters selbst ist die Cantata Memoria auch eine Feier der Kindheit, die schrittweise von der Dunkelheit ins Licht führt.”
Die “Cantata Memoria” ist das jüngste in einer Reihe von groß angelegten Werken für Chor und Orchester, die Karl Jenkins komponiert hat, und ähnlich wie in seines Vorläufern gehen auch bei der Cantata die Chorsätze, Solo-Parts und eingängigen Orchesterparts Hand in Hand. Mit fesselnder Plastizität, einer eindringlichen Tonsprache und starken musikalischen Bildern lässt Jenkins den Hörer im ersten Teil der Kantate die Katastrophe von Aberfan noch einmal durchleben und die Zerstörung der Kindheit erschütternd erfahrbar werden. Im weiteren Verlauf siegen immer mehr die hoffnungsvollen Klangfarben und lichten Melodieströme und entwickelt sich die “Cantata Memoria” zum kraftvollen Plädoyer für das Leben. Komponiert auf der Basis des fein ausgestalteten Librettos des walisischen Dichters Mererid Hopwood wird die Musik Karl Jenkins zum bezwingenden und einnehmenden Gesamtkunstwerk, das den Kindern nicht nur in den Kinderchorparts eine beeindruckend starke Stimme verleiht und in der Interpretation unter anderem von Bariton Bryn Terfel, Sopranistin Elin Manahan Thomas und der Sinfonia Cymru ein berührendes Hörerlebnis verspricht.
“Es ist ein Tribut an die Kraft des menschlichen Geistes, sich selbst wieder neu aufzubauen.” – David Davies, Überlebender der Katastrophe von Aberfan.