Am 20. Februar feiert Christoph Eschenbach seinen 75. Geburtstag. Was er in diesem Dreivierteljahrhundert bereits an Aufnahmen romantischer Klaviermusik hinterlassen hat, ist beeindruckend, sowohl in der Summe, als auch in der Qualität. Die neue Eloquence Box “Romantische Klaviermusik” umfasst sechs Tonträger, die die Ohren formvollendet in den romantischen Klavierkosmos entführen. Christoph Eschenbachs Interpretationen romantischer Meisterwerke von Chopin, Schumann, Schubert und Mendelssohn-Bartholdy sind sowohl Zeugnisse von der Bedeutsamkeit der Romantik für die Klaviermusik, als auch Meilensteine im reichen Œuvre des außergewöhnlichen Pianisten.
Frédéric Chopins 24 Préludes op. 28 sind wie zwei Dutzend köstliche Pralinen. Voller Raffinesse und exquisiter Nuancen und von filigraner Brillanz. Ob stürmisch-drängend in C-Dur, fröhlich-übersprudelnd in G-Dur oder verträumt-introvertiert in a-Moll. Eschenbach verleiht jedem Prélude innerhalb von wenigen Sekunden charakterliche Tiefe und innige Ausdruckskraft. Frédéric Chopin hat seinen Klavierzyklus der 24 Préludes zwischen 1836 und 1839 unter anderem im Bergdorf Valldemossa auf Mallorca komponiert und damit den Höhepunkt seines Kompositionsstils erreicht. Seine Freundin Georges Sand bezeichnete die Préludes als “fürchterliche, herzzerreißende Ideen”, weil sich in den kleinen Charakterstücken ihrer Meinung nach auch sein angegriffener Gesundheitszustand widerspiegelte. Dennoch ist der musikalische Genuss unwiderstehlich.
Felix Mendelssohn-Bartholdys op. 19 ist ein Heft mit sechs lyrischen kleinen Klavierstücken aus den Jahren 1829 und 1830, sieben weitere Hefte sollten in den nächsten fünfzehn Jahren des 19. Jahrhunderts noch folgen. In der Box “Romantische Klaviermusik” sind Mendelssohns “Lieder ohne Worte” auf insgesamt zwei CDs vollständig vertreten. Auf op. 19 folgten op. 30, 38 und 53, eine weitere CD präsentiert mit “Lieder ohne Worte II” op. 62, 67, 85 und 102. Auch in diesen kleinen Werken, die jeweils nur wenige Minuten lang sind, stellt Christoph Eschenbach seine Verbundenheit mit der Romantik unter Beweis und zeichnet ein kaleidoskopartiges Bild von Felix Mendelsohn-Bartholdys kompositorischer Gefühlswelt. Die Musik perlt, haucht, seufzt, braust – sie erzählt und singt so emotional, dass man völlig vergisst, dass es sich um Lieder OHNE Worte handelt. Eschenbachs Anschlag ist butterweich und dennoch von glasklarer Schönheit.
Frühe und späte Tastenkunst
“…mir träumte, ich wäre im Rhein ertrunken” notierte Schumann im Alter von 18 Jahren 1828 in seinem Tagebuch in beinahe unheimlicher Voraussicht auf seinen späteren Selbstmordversuch. Ein Jahr später komponierte er seinen op. 1, die so genannten “Abbeg-Variationen” für Klavier in F-Dur. Mit “Tema. Animato – Finale alla Fantasia. Vivace” ist das Stück überschrieben. “Ungewöhnlich” und “unkonventionell bis bizarr” lauteten die Attribute, mit denen die Musikkritiker Schumanns Erstlingswerk bedachten.
Franz Schuberts Sonaten D 959 und D 960 sind genau das Gegenteil von einem Frühwerk, sie gehörten nämlich zu den letzten drei Sonaten, die der Komponist kurz vor seinem tragisch frühen Lebensende geschrieben hat und werden heute als wichtigste Schöpfungen seiner Klaviermusik betrachtet. Interessanterweise wurden die Sonaten auf Wunsch des Musikverlegers Anton Diabelli nach Schuberts Tod dem jungen Robert Schumann gewidmet. So ergibt sich auf inhaltlicher Ebene ein spannender Brückenschlag.
Die Impromptus D. 899 und 935, die die beiden Schubert-Alben im Box-Set vervollständigen, sind ebenfalls in der späten Schaffenszeit von Franz Schubert entstanden. Die Charakterstücke fordern vom Pianisten einen enormen Facettenreichtum an Klangfarben – Christoph Eschenbach ist hier mit hörbarer Spielfreude ganz in seinem Element.
Zeitgleich mit dem Romantik-Box-Set erscheinen drei Digital-Produkte mit Werken von Mendelssohn, Schubert und Schumann.