Das neue Album von Benjamin Bernheim feiert das Verschmelzen zweier Welten: So fanden im 19. Jahrhundert italienische Musik und französische Sprache fruchtbar zusammen und gingen in den Meisterwerken der großen Opernkomponisten eine faszinierende Verbindung ein. Unter dem Titel “Boulevard des Italiens” begibt sich Bernheim auf seinem Album in eben jene Zeit zurück und dokumentiert mehr als 100 Jahre italienischer Oper in Frankreich, darunter Auszüge aus Opern von Cherubini, Spontini, Donizetti, Verdi, Puccini und Mascagni. Die beiden Welten spiegeln sich auch in der Besetzung: So hat Bernheim sein Album zusammen mit dem französischen Dirigenten Frédéric Chaslin und dem italienischen Orchestra del Teatro Comunale di Bologna aufgenommen. Am 8. April wurde das jüngste Werk des Sängers bei Deutsche Grammophon veröffentlicht. Es ist sein zweites Soloalbum beim gelben Label.
“Boulevard des Italiens” ist der Name eines geschichtsträchtigen Areals in Paris, an dem italienische Opernkomponisten – mal in der Opéra Garnier, mal in der Opéra-Comique – dem Pariser Publikum ihre neuesten Schöpfungen präsentierten. Vom Beginn des 19. bis hinein ins 20. Jahrhundert war Paris nichts weniger als die Opernhauptstadt Europas und insbesondere die italienischen Komponisten kamen oft in diese weltoffene und kunstaffine Metropole. In Folge entwickelte sich zwischen der französischen und der italienischen Theatertradition ein intensiver Austausch, wobei die Stücke fast ausnahmslos auf Französisch aufgeführt wurden. Dies schlug sich auch in der Musik nieder. So passten die italienischen Komponisten ihre Musik der besonderen Klanglichkeit der französischen Sprache an und erschlossen sich damit spannende neue Bereiche melodischer Kreativität. Von dieser besonderen Fusion erzählt das neue Album von Benjamin Bernheim. So sagt der Tenor: “Wir wollten die Geschichte der französischen Sprache in den Pariser Opernhäusern nachzeichnen durch all diese italienischen Komponisten, die ihre Stücke dort aufführen ließen”.
Für das facettenreiche Programm auf seinem Album hat Bernheim eine charakteristische Auswahl der jeweils markantesten Werke dieser Zeit und ihrer Komponisten getroffen, die ein farbenreiches und klangvolles Abbild der damaligen Epoche vermittelt. Das Repertoire hat er zuvor gründlich recherchiert, fachkundig beraten vom Palazzetto Bru Zane, einer Stiftung für französische Musik der Romantik. Darunter findet sich ein leidenschaftlicher Ausschnitt aus der Oper “La Vestale” von Gaspare Spontini ebenso wie eine Arie aus der wenig bekannten Oper “Ali Baba” von Spontinis Zeitgenossen Luigi Cherubini. Einer der erfolgreichsten italienischen Komponisten in Paris war Gaetano Donizetti, der mit drei Arien aus seinen Opern “Dom Sébastien”, “La Fille du régiment” und “La Favorite” auf Bernheims Album vertreten ist. Ein besonderes Erlebnis ist auch Bernheims Interpretation einiger Verdi-Arien, darunter die beschwingte Tenorarie aus “Jérusalem”, Verdis eigener französischer Fassung von “I lombardi”, sowie die Arie für den Heldentenor in seinem Epos “Les Vêpres siciliennes”, die als absolute Seltenheit gelten kann. Mit zwei der bekannteren Arien aus “Madama Butterfly” und “Tosca” würdigt Bernheim zudem Giacomo Puccini als wegweisenden Komponisten der damaligen Zeit, der laut dem Interpreten plastisch erfahrbar mache, wie “die französische Sprache, mit ihren ganz eigenen Betonungen und den vielen Nasalen, dieser Musik eine neue Klanglichkeit verleiht.”
Es ist eine genussvolle und entdeckungsreiche Reise, die Benjamin Bernheim auf seinem neuen Album unternimmt. Mit stimmlicher Klarheit, inniger Deutungskraft und hörbarer Liebe zu seiner französischen Muttersprache erkundet der Sänger die faszinierenden Werke, die damals in Paris entstanden sind, und erweckt sie zu neuem Leben. Dabei ist das Album nicht zuletzt auch eine musikalische Liebeserklärung an Paris, jene Stadt, in der die italienischen Meister zur Hochform aufliefen.