Insgesamt viermal hat Herbert von Karajan die Sinfonien von Beethoven für die Deutsche Grammophon aufgenommen. Der musikalische Perfektionist, einer der bedeutendsten und charismatischsten Dirigenten des 20. Jahrhunderts, strebte danach, sie immer noch feiner, geschliffener, vollendeter darzubieten.
So reizvoll die folgenden Gesamteinspielungen auch ausfielen, so unangefochten blieb der allererste Zyklus, den Karajan im Jahre 1963 mit den Berliner Philharmonikern aufgenommen hatte. Die kristallklaren, nahezu perfekt austarierten Klänge, die der hochversierte Aufnahmeingenieur Günter Hermanns in der Berliner Jesus-Christus-Kirche einfangen konnte, üben bis heute eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Man wird förmlich hineingezogen in das sinfonische Geschehen.
Es ist wie ein Rausch. Man kann sich dieser Musik völlig hingeben und fühlt sich danach wie verwandelt. Das witterte auch das damalige Publikum, das sich, vom Experten bis zum Laien, massenhaft von den magischen Klängen gefangen nehmen ließ. Eine Million Exemplare der Aufnahme waren bis zum Jahre 1973 verkauft, zehnmal so viele, wie nötig gewesen wären, um die seinerzeit waghalsige Investitionssumme von 1,5 Millionen DM wieder einzuspielen.
Über 50 Jahre nach ihrem Erscheinen ist Karajans Edition von 1963 noch immer der meistverkaufte Beethoven-Zyklus aller Zeiten. Grund genug, ihn neu aufzulegen und vor dem Hintergrund des 120-jährigen Bestehens der Deutschen Grammophon mit einem noblen Extra zu versehen. Zu diesem Zweck hat das Gelblabel den für seine Arbeit mit Kassettenbändern und Vinyl bekannten Künstler Gregor Hildebrandt damit beauftragt, im Stile einer künstlerischen Intervention, die sich von dem Artwork des Originals inspirieren lässt, ein neues Design der Edition zu entwerfen.
Hildebrandt, seit 2015 Professor für Malerei und Grafik an der Akademie der Bildenden Künste München, hat die Herausforderung angenommen und ein ebenso gediegenes wie visionäres Design entworfen, das den Geist des Originals kongenial in sich aufnimmt. Um die Oberfläche der Box zu gestalten, klebte der Künstler zunächst Streifen von Kassettentonbändern auf eine Leinwand. Mit dieser Vorlage erarbeitete er die schwarze Leinen-Box, in der die 8 LPs aufbewahrt sind.
Von der Oberfläche geht ein doppelter Glanz aus. Einerseits scheint sie von sehr weit her zu kommen. Andererseits weist sie durch das elektrisierend modern anmutende Design entschieden in die Zukunft. Dieser Eindruck entsteht auch bei dem Beiheft von 1963, das Hildebrandt mit einen neuen Cover ausgestattet hat und in das er ebenfalls unter Verwendung von Kassettentonbändern intervenierte. Ferner schuf der Künstler mit dem besagten Material für jede Sinfonie ein eigenes Leporello, das die besondere Stimmung der jeweiligen Komposition visuell einzufangen sucht.
Hildebrandts ungewöhnliche Art-Edition erscheint jetzt in zwei Auflagen: als Super Deluxe Edition, limitiert auf 120 Exemplare, und als Deluxe Edition, limitiert auf 1200 Exemplare. Beide Versionen sind durchnummeriert. In der Super Deluxe Edition ist zudem jedes Set vom Künstler handsigniert. Darüber hinaus enthält jedes Exemplar der Super Deluxe Edition ein Original-Kunstwerk von Gregor Hildebrandt. Der Künstler hat im Rückgriff auf eine Fotografie von Siegfried Lauterwasser Kunstdrucke von Karajan-Portraits erstellt und sie mit Kassettentonbändern bearbeitet.
In der Deluxe Edition sind die Kunstdrucke als Faksimile enthalten. Als besonders nobler Zusatz darf die Gravur auf der letzten Platte gelten. Auf der Auslaufrille liest man die ergreifenden Worte “wo dein sanfter flügel weilt” aus Schillers “Ode an die Freude”. Für beide Auflagen gilt, dass die klassisch auf 180 g Vinyl gepressten Platten von den Originaltapes überspielt worden sind, wodurch ein hohes audiophiles Niveau garantiert ist.
Beiden Auflagen liegt ferner ein Code bei, der zum Download des gesamten musikalischen Materials in Form von mp3-Dateien und im hochauflösenden Audioformat 24bit/96kH berechtigt. Last but not least sei der fesselnde Essay des großen Musikschriftstellers Richard Osborne erwähnt, der den Ausgaben beiliegt: tiefsinnige Betrachtungen, die zu neuem Nachdenken über Herbert von Karajan anregen.
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