Statement statt Fortsetzung: Nach dem Erfolg von „The Jazz Album“ widmet sich der Bassbariton Thomas Quasthoff auf „Tell It Like It Is“ jetzt seinen Lieblingsliedern aus Soul, Pop und Country-Swing – beschwingt und beseelt.
Text: Carola Kramer | Foto: Harald Hoffmann
Es sind Stücke, die ich liebe und die mir Spaß machen“, klärt Thomas Quasthoff die Stilfrage gleich zu Beginn, ob dies also nach dem „Jazz Album“ jetzt das „Soul Album“ sei. „Ich tue mich schwer damit, Musik in Schubladen zu packen: Das ist Soul, das ist Jazz. Wir wollen mal ganz ehrlich sein, ‚The Jazz Album‘ war auch nicht nur das. Dies ist sicher ein Programm, das man auch ‚My Favorite Things‘ nennen könnte, weil wir weniger nach dem Stil geguckt haben als danach, was ich einfach gerne mag.“ Das erste Wagnis eines Albums mit „nicht klassischem Repertoire“, einer Aufgabe, an der schon so viele seiner klassischen Kollegen grandios gescheitert sind, hat der Bassbariton gewinnend hinter sich gebracht. „Watch What Happens“, so der Untertitel der Till-Brönner-Produktion von 2007, bescherte Thomas Quasthoff nicht nur einhelliges Kritikerlob und die eindrucksvollsten Verkaufszahlen seiner bisherigen Karriere, sondern auch eine Grammy-Nominierung und einen Echo.
Diese Erfolge waren sicherlich eine willkommene Bestätigung, nicht aber der Antrieb zu „Tell It Like It Is“. Dem „Mann mit der schönsten Stimme der Welt“, wie ihn der „Stern“ einmal nannte, geht es, wie gesagt, vor allem um die Freude an dieser Musik – und um frischen Wind in seinem Repertoire. Seine enorme Popularität in den internationalen Konzertsälen hat Thomas Quasthoff bei „Tell It Like It Is“ zu einer ungewöhnlichen Idealsituation verholfen. Mit einem abendfüllenden Lieblingsprogramm und seinen erklärten Freunden und Musikerfavoriten – dem Organisten Frank Chastenier, dem Drummer Wolfgang Haffner, dem Bassisten Dieter Ilg und dem Gitarristen Bruno Müller – ging Quasthoff im Februar auf Tour. Begeistert empfing man den Sänger, seine Band – und das neue Repertoire. Das Publikum ging mit, wenn er Bill Withers „Kissing My Love“, Stevie Wonders „Have A Talk With God“ oder Ann Peebles’ „I Can’t Stand The Rain“ sang, es schluckte wie im Chor bei Balladen von „Rainy Night In Georgia“ von Tony Joe White bis zu Aaron Nevilles dramatischem Titelsong, um dann wieder laut zu lachen und zu applaudieren, wenn der gnadenlos begabte Sänger bei „Seventh Son“, „Short People“ oder „The Whistleman“ alle Register seiner Unterhaltungskunst zog. Auch bei seinen Ansagen und den Vocalese-Spontaneitäten, die manchen im Publikum an seinen gelegentlichen Live-Kollegen Bobby McFerrin erinnerten, spürte man, dass Thomas Quasthoff dieses „Tell It Like It Is“ eine Herzenssache ist. Und wie sehr es ihm wieder einmal um anspruchsvolle Unterhaltung geht. „Es gibt wirklich nur gute und schlechte Musik, das ist für mich das Kriterium“, sagt der Gesangsprofessor an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. „Es geht auch gar nicht immer nur um den ‚Transport von wertvollen Texten‘. Im Soul geht es schließlich um Liebe, Drama, Wahnsinn. Wie in der klassischen Musik auch.“