“Lange Zeit galt Die Kunst der Fuge als ein Höhepunkt der Abstraktion, als entrücktes Objekt der Forschung, das nur einige wenige Fachleute entschlüsseln konnten. … In Wahrheit ist dieses Meisterwerk aller Meisterwerke unglaublich lebendig, man muss es aufführen. Jedes einzelne Stück ist eine Welt für sich, hat seine eigene Konzeption, seinen Stil, seine Ordnung”, meinte der Pianist Pierre-Laurent Aimard zu seiner aktuellen Beschäftigung mit Johann Sebastian Bach. Seine Interpretation ist ihm derart treffend gelungen, dass er damit auch die Jury des Vierteljahrespreises der Deutschen Schallplattenkritik überzeugen konnte. Sie sprach ihm soeben die begehrte Auszeichnung in der Kategorie “Klavier- und Orgelmusik” zu.
Für Pierre-Laurent Aimard jedenfalls ist der kontrapunktische Zyklus wie geschaffen, denn der französische Meisterpianist versteht es wie kaum ein anderer, mit den Andeutungen zu arbeiten, die den Werken Bachs innewohnen. “Die Kunst der Fuge” ist ein Schmuckstück in seiner Künstlerdiskographie und war im Januar zugleich ein würdiger Einstand bei seinem neuen Label Deutsche Grammophon.
Pierre-Laurent Aimard hat bis nach seinem 50. Geburtstag gewartet, bis er sich an dieses Monument der Klavierkultur wagte, aus Vorsicht und Umsicht: “Die Musik von Bach ist so reich, dass man sich dafür genügend Zeit nehmen muss. Sie ist so erhaben, so vielfältig, so perfekt strukturiert, bildet eine so umfassende Synthese der musikalischen Stile des frühen 18. Jahrhunderts und vorangehenden Epochen, dass man sich damit länger beschäftigen muss”. Bis wiederum ein Meisterstück entsteht.