Maurizio Pollini hat in über vier Jahrzehnten als Exklusivkünstler der Deutschen Grammophon ebenso zahlreiche wie vielfältige Aufnahmen von Bach bis Boulez gemacht. Seine Beschäftigung mit den Soloklavierwerken Franz Schuberts reicht dabei besonders weit zurück. Die erste Schubert-LP des italienischen Meisterpianisten mit Einspielungen der Sonate D845 in a-Moll und der „Wanderer-Fantasie“ wurde 1974 von Deutsche Grammophon veröffentlicht.
Besonderes Interesse schenkt Pollini seit jeher den drei letzten Sonaten Schuberts. Schon lange vor seiner ersten Einspielung der Trias in den 1980er Jahren hat er sich mit diesen Sonaten auseinandergesetzt. Maurizio Pollini spielt sie nachwievor gerne zusammenhängend in einem Konzert. Damit führt er eine Aufführungstradition fort, die Alfred Schnabel im 100. Geburtsjahr Schuberts 1928 begründete.
In einem 1996 veröffentlichten Gespräch mit der Welt äußerste sich Pollini zur Bedeutung des Komponisten. Darin würdigt er Schubert als einen Komponisten, der jenseits des klassischen Formkanons stehe. Schubert habe ein Zeitgefühl und ein Verständnis für Entwicklung gezeigt, das ganz eigen sei. „Für lange Zeit war ja Schubert nur wegen seiner Lieder bekannt. Erst in diesem Jahrhundert hat man die Einzigartigkeit Schuberts in den großen Formen erkannt“, sagt Maurizio Pollini. Das Verständnis für Schubert und die langen zeitlichen Ausdehnungen – den „enorm langen Atem“ – in Kompositionen wie der A-Dur-Sonate D959 habe Zeit gebraucht.
Substanzielle Schubert-Aufnahmen
Kritiker zählen Pollinis Einspielungen der Klavierwerke Schuberts zu den überragenden Leistungen dieses Ausnahmepianisten. „Perfektes Klavierspiel, stimmige Temporelationen, eine große strukturelle Klarheit, eine Expressivität, die Pollini vor allem aus der dynamischen Staffelung entwickelt, und eine Strenge, die beim ersten Ton schon auf den letzten zielt“, erkennt Gregor Willmes in Pollinis Aufnahme der a-Moll-Sonate D845. Über ein Pollini-Recital mit den drei letzten Sonaten Schuberts im Jahr 2011 schreibt Geoff Diggines: „Pollini hat die fast einzigartige Fähigkeit, mit berückender Klarheit zu brillieren, ohne dabei in aufdringliches, selbstverherrlichendes virtuoses Blendwerk zu verfallen“ – eine Qualität, die Pollinis gesamte Schubert-Aufnahmen auszeichnet.
Erstmals veröffentlicht Deutsche Grammophon nun sämtliche Schubert-Aufnahmen von Maurizio Pollini in einer Box-Edition. Neben den bereits erwähnten Werken zählen dazu auch die 1985 entstandenen Einspielungen des Allegretto in c-moll D915 und der Drei Klavierstücke D946. Das dreisprachige Begleitheft beinhaltet Paolo Petazzis und Ludwig Finschers erhellende
Werkeinführungen für die Originalveröffentlichungen und Abbildungen der Plattenhüllen.